Wir
schliefen sofort ein. Ich habe geschlafen, wie ein Stein, traumlos,
glaube ich. Irgendwann morgens wurde ich dann wach, weil ich so einen
Druck auf meiner Brust spürte. Meine Hand tastete danach und dann
merkte ich, daß es Kevins Kopf war, der da auf meiner Brust lag.
Im Zimmer war es noch ziemlich dunkel, weil ja die Rolläden runter
wahren. Nur seitlich an den Fenstern schimmerte etwas Licht durch die
Ritzen. „Hey, wen haben wir denn da?“ , sagte ich. „Guten Morgen Chris,
sorry, wenn ich dich geweckt habe!“, sagte Kevin. „Ach egal, wie
spät ist es denn?“ Kevin drehte den Kopf Richtung Radiowecker. „Oh
Scheiße, es ist schon halb zwölf. Meine Güte, haben wir
lange geschlafen!“
Er sprang auf und machte
den Rolladen hoch. Gleißendes Licht strömte ins Zimmer und
ich mußte für einen Moment die Augen schließen. „Mein
Gott, muß ich dringend pissen!“, sagte Kevin und schlüpfte
zur Tür raus Richtung Badezimmer. Ich öffnete die Augen und
gähnte ausgiebig. Ich sah mich im Zimmer um und stellte fest,
daß ich mich hier richtig wohl fühlte. Es wahr schon
komisch. Jetzt war ich erst 2 Tage hier und fühlte mich schon fast
wie zu Hause. Ich stand auf und folgte Kevin ins Bad. Als ich die
Tür öffnete, wusch er sich gerade durchs Gesicht. Er hatte
den Schlafanzug ausgezogen und streckte mir so seinen nackten glatten
Hintern entgegen. Was für ein Anblick!
Natürlich
mußte ich ihn anfassen. Kevin hatte mich offensichtlich gar nicht
kommen hören und schreckte total zusammen. "„Hey, tu das nie
wieder. Das ist sexuelle Belästigung!“ „Ja, aber wenn ich dem
Richter von deinem geilen Hintern erzähle, bekomme ich bestimmt
mildernde Umstände!“, flachste ich. Ich umarmte Kevin von hinten
und legte meinen Kopf auf seine Schulter. Fühlte sich das gut an,
diese weiche reine Haut auf meiner Wange. Allerdings wehrte dieser
Moment nicht lange, denn Kevin hatte nichts besseres zu tun, als mir
von dem laufenden Wasserhahn Wasser ins Gesicht zu spritzen. Ich
ließ ihn schlagartig los und ging einen Schritt zurück.
„Hör auf, du machst mir ja den Schlafanzug ganz naß!“ „O.k.,
o.k., aber dann laß mich jetzt auch in Ruhe fertig waschen.“,
sagte Kevin.
Ich trat von einem Bein
auf das andere. Meine Blase drückte nun auch ziemlich und ich
überlegte, ob ich mich einfach aufs Klo setzen und pinkeln sollte.
Irgendwie hatte ich da Hemmungen, weil Kevin dabei war. Der war gerade
fertig mit waschen und trocknete sich ab. „Was stehst du denn so da wie
bestellt und nicht abgeholt?“, wollte er wissen. „Na, ja, ich muß
mal.“ „Na und, tu dir keinen Zwang an, da ist doch das Klo.“ Als er
sah, wie ich immer noch zögerte, nahm er sich seinen Schlafanzug
vom Boden und sagte: „O.k., ich geh dann mal in mein Zimmer und ziehe
mich an. Ich gehe dann runter in die Küche und schaue mal nach,
was wir so frühstücken könnten.“ Er ging raus und machte
die Tür hinter sich zu. Ich ging also aufs Klo und pißte,
was das Zeug hielt. Mann, tat das gut!
Dann ging ich mich
ebenfalls waschen und als ich schließlich in Kevins Zimmer
zurückkam, war er schon nach unten gegangen. Ich zog mich also an
und folgte ihm in die Küche. Als er mich sah, fragte er: „Was
hälst du von Rührei? Ich hätte da mal Lust drauf.“ „Och,
prima Idee, aber was sollen wir denn dazu essen?“ „Wir haben noch ein
paar Aufbackbrötchen glaube ich. Ich geh mal in der Kühltruhe
nachschauen.“ Er verließ die Küche und kam nach ein paar
Minuten mit einer Plastiktüte in der Hand wieder. „Siehst du, noch
genau 4 Stück, also für jeden 2, das dürfte langen.“ Er
machte den Backofen an und schob die Brötchen hinein. Dann stellte
er eine Pfanne auf den Herd und begann, das Rührei zu machen.
Als alles fertig war,
machten wir uns noch einen starken Kaffee dazu und
frühstückten ausgiebig. „Und, was machen wir heute noch so?“,
wollte ich wissen. „Keine Ahnung, aber uns fällt da schon was
ein.“, sagte Kevin und streichelte mir mit einem eindeutig zweideutigen
Grinsen über die Hand. „Ehh, also mein Schwanz braucht glaube ich
mal 'ne Pause heute.“, sagte ich schnell. Kevin lachte. „O.k., ich
verstehe das. Er ist ja auch nicht mehr der Jüngste!“.
„Blödmann!“, sagte ich und verpaßte Kevin einen dicken
Schmatzer. Er schaute mich mit seinen hellgrauen Augen dankbar an. Da
spürte ich es wieder, dieses unbeschreiblich schöne
Gefühl der Vertrautheit. Wir mußten gar nichts besonderes
unternehmen heute. Ich war einfach froh, in Kevins Nähe zu sein.
Wir räumten den Tisch ab und gingen wieder hoch in sein
Zimmer. Den Rest des Tages verbrachten wir dann mit Musik
hören, Computerspielen und Rumkuscheln.
Zwischendurch riefen
Kevins Eltern dann mal an und sagten, es würde wohl etwas
später werden und er solle sich keine Sorgen machen. Na ja, wir
hatten nichts dagegen noch etwas länger ungestört zu sein.
Wir machten uns auch noch ein paar Gedanken darüber, wie wir
zukünftig in ständigem Kontakt bleiben konnten, ohne das es
all zu sehr auffallen würde. Wir hatten nämlich das Problem,
daß wir beide noch keine Handys hatten. Wir beschlossen, diesen
Zustand unbedingt zu ändern, das war ein absolutes Muß! Also
würden wir uns beide zu Weihnachten Handys wünschen, das
mußte doch eigentlich hinhauen.
Gegen halb sechs kamen
die Eltern dann nach Hause. Die beiden schauten etwas genervt aus, das
Seminar war wohl anstrengend gewesen. „Also, ich habe überhaupt
keine Lust heute Abend noch zu kochen!“, sagte Frau Breitner zu ihrem
Mann. „Was meinst du, laß uns doch einfach essen gehen. Die Jungs
nehmen wir einfach mit.“ „Ja, ist mir recht. Wir könnten ja zum
Griechen um die Ecke gehen. Ich ruf schnell dort an, damit sie uns
einen Tisch reservieren.“ Um sieben Uhr gingen wir dann zu Fuß in
das Restaurant, es waren wirklich nur ein paar Schritte.
So kam ich dann an diesem
Abend noch zu einer Einladung zum Essen, das hatte ich auch nicht
erwartet. Im Restaurant schaute ich dann etwas unsicher in die
Menükarte. Kevins Eltern hatten mich ja eingeladen, aber bei den
in der Karte verzeichneten Preisen war ich mir nicht so sicher, was ich
mir denn nun aussuchen konnte, ohne unverschämt zu wirken. Kevins
Mutter ahnte wohl meinen Gedankengang, denn sie sagte: „Also Chris, du
bist ja wie gesagt eingeladen. Du brauchst keine Hemmungen zu haben.
Bestell dir einfach, worauf du Lust hast. Also bestellte ich mir ein
Putensteak „Hawai“ und Kevin ein Rumpsteak mit Kräuterbutter.
Nach einer halben Stunde
hatten wir dann alle unser Essen auf dem Tisch. Mein Putensteak war
ausgezeichnet, mit einer super leckeren Soße dabei. Es gab dann
sogar noch Nachtisch. Wir bestellten uns jeder ein Eis. „Na, was habt
Ihr denn so getrieben am Wochenende?“, wollte Herr Dr. Breitner wissen.
„Ihr wart doch hoffentlich schön brav und habt keinen Unsinn
gemacht?“, fragte er mit einem gespielten strengen Unterton in der
Stimme. „Keine Angst“, sagte Kevin, „Wir waren brav wie zwei Engel und
haben sogar unsere Hausaufgaben gemacht und Vokabeln gelernt. Dann
waren wir noch Schwimmen, haben am Computer gespielt, was man halt so
macht.“ Au Backe, wenn Kevins Eltern gewußt hätten, was wir
so unter „was man halt so macht“ verstanden haben. Ich mußte
unwillkürlich grinsen. Kevin trat unter dem Tisch gegen mein Bein
und schaute mich einen ganz kurzen Moment mit einem strafenden Blick an.
„Na ja, die Wohnung sah
jedenfalls ordentlich aus.“, sage Frau Breitner. „So schlimm kann es
also nicht gewesen sein.“ Damit war das Thema beendet und es war gut
so. Kevins Eltern tranken dann noch jeder einen Espresso, dann zahlte
Herr Breitner die Rechnung und wir machten uns auf den Heimweg. „Wie
kommst du denn jetzt nach Hause, Chris?“, wollte Frau Breitner wissen.
Soll mein Mann dich nach Hause fahren?“ „Hm, ja, das wäre super
nett. Ich hätte sonst meinen Vater anrufen müssen, damit er
mich abholt.“ „Och kein Problem, Chris, ich habe das Auto sowieso noch
nicht in die Garage gefahren.“, sagte Kevins Vater. Wir laden schnell
unsere Koffer aus und dann fahre ich dich.“ Du kannst ja schon mal
deine Sachen packen.“
Bei den Breitners
angekommen ging ich also mit Kevin auf sein Zimmer und suchte meine
sieben Sachen zusammen. Als ich alles beisammen hatte, stand ich etwas
belemmert in der Gegend rum. Mir wurde urplötzlich bewußt,
daß dieses superschöne Wochenende nun zu Ende war, daß
wir morgen wieder in die Scheiß Schule mußten und der ganz
normale Alltag wieder seinen Lauf nehmen würde. Das war echt zum
Kotzen! Kevin schaute mich fragend an. „Chris, was ist denn? Ist dir
nicht gut?“ „Na ja, es war echt super hier bei dir und ich mußte
gerade an morgen denken. Ich habe total keinen Bock auf die Schule. Und
wie soll das denn mit uns weitergehen?“
„Hey, jetzt sei mal nicht so
angepißt. Wenigstens sehen wir uns in der Schule, das ist doch
schon was. Und wir werden einfach hin und wieder was zusammen
unternehmen, wir kriegen das schon hin.“ „Ja, aber wir müssen doch
auch vorsichtig sein, damit keiner merkt, was zwischen uns läuft.“
„Tja, da hast du Recht, aber so schwer ist das doch gar nicht. Wir
müssen ja nicht händchenhaltend durch die Gegend laufen. Und
überhaupt, am besten setzt du dich wieder auf den Platz neben
Gabi, vielleicht ist sie ja wieder gesund und kommt morgen.“
„Keine Ahnung, ich habe sie
immer noch nicht angerufen. Ich habe schon ein ganz schlechtes Gewissen
deswegen. Tja, das kann ich jetzt auch nicht mehr ändern. Also
gut, warten wir’s ab, wie’s morgen läuft.“ Wir nahmen uns in den
Arm und drückten uns ganz fest, ohne ein weiteres Wort zu sagen.
Am liebsten hätte ich ihn nie wieder losgelassen, so gut
fühlte sich das an. Aber schon nach einer Minute rief Kevins Vater
nach uns. Er wollte jetzt losfahren. „Soll ich mitkommen?“, fragte
Kevin. „Och nee, ist nicht nötig. Sind ja nur ein paar Minuten
Fahrt bis zu mir nach Hause.“ „O.k., Herr Lehmann. Es hat mich sehr
gefreut, mit Ihnen und Ihrem Schwanz das Wochenende verbringen zu
dürfen. Ich hoffe, Sie beehren uns bald wieder!“, flachste Kevin
und gab mir noch schnell einen Kuß auf die Wange.
Er zog mich aus dem
Zimmer und wir gingen hinunter. Kevins Vater stand schon in der Diele
bereit und wartete auf uns. Ich verabschiedete mich höflich von
Frau Breitner und bedankte mich noch einmal für die Einladung zum
Essen. „Also dann bis morgen!“, rief Kevin mir hinterher, als ich mit
seinem Vater zusammen zur Türe hinausging. Draußen schlug
mir die kalte Luft ins Gesicht. Es ging jetzt ein scharfer Wind und es
war bereits stockdunkel. Wir stiegen in den Wagen und 10 Minuten
später waren wir dann schon vor meiner Haustür angelangt. Es
war etwa Viertel nach Neun, als ich zu Hause zur Tür hinein ging.
Meine Eltern saßen im Wohnzimmer vor dem Fernseher
Ich steckte kurz meinen
Kopf zur Türe hinein und sagte „Hallo, da bin ich wieder!“ „Ganz
schön spät geworden, was?“, meinte mein Vater. Er schaute
mich nur einen ganz kurzen Augenblick an und dann wieder den Fernseher.
Die beiden schauten gerade „Tatort“ und das war sozusagen ein heiliges
Sonntagabend-Ritual. „Ja, die Breitners haben mich noch zum Essen in
ein Restaurant eingeladen. Das hat dann ein bißchen gedauert.“
„Oh, das war aber großzügig!“, sagte meine Mutter. Na ja,
dann hast du ja bereits gegessen.“ Im Fernseher fiel ein Schuß
und beide wandten ihren Blick wieder der Mattscheibe zu. Das
Gespräch war somit wohl beendet und ich ging in mein Zimmer.
Ich schloß die
Tür und setzte mich aufs Bett. Ich schaute mich um. Alles um mich
herum schien mir vertraut und fremd zugleich. Ich fühlte
mich irgendwie ... unvollständig, so ganz ohne Kevin. Das war
schon ein krasser Gegensatz. Wenn du das ganze Wochenende Tag und Nacht
jemanden um dich herum hast und dann plötzlich alleine in deinem
Zimmer sitzt. Echt total ätzend! Ich ließ mich nach hinten
aufs Bett fallen und schloß die Augen. Die Bilder der vergangenen
Tage zuckten durch meinen Kopf. Ich sah Kevin in unserer Klasse an
seinem Tisch sitzen, Kevin und ich im Redaktionskeller, unsere Rauferei
im Schnee, Kevins Hintern, der aus dem Wasser ragte, ich hörte
wieder Kevins Stöhnen beim Orgasmus. Kevin, Kevin und noch mal
Kevin! Wie hatte ich nur vorher ohne ihn leben können? Wie gerne
wäre ich jetzt bei ihm gewesen.
Ich sprang auf und kramte
die Tüte mit seinen Schamhaaren aus meinem Rucksack. Ich
öffnete sie, griff hinein und holte sie heraus. Das war ein
unbeschreibliches Gefühl, quasi ein Stück von Kevin in den
Händen zu halten. Das beruhigte mich. Es gab mir ein
unbeschreib-liches Gefühl der Intimität, der Verbundenheit
und es hatte gleichzeitig etwas Geheimnisvolles. Ja, diese blonden
gekräuselten Haare in meinen Händen waren jetzt mein
wertvollster Schatz, mein heiliger Gral, den es gut zu verstecken galt.
Ich legte die Haare in die Tüte zurück. Wohin sollte ich sie
nur tun, damit sie keiner findet? Ich schaute mich ratlos im Zimmer um.
Ich konnte sie ja schlecht in irgendeine Schublade oder in den
Kleiderschrank packen.
Dann kam mir die rettende
Idee. Meine Oma hatte mir mal eine kleine abschließbare
Geldkassette geschenkt. Darin bewahrte ich zwar nur wenig Geld auf,
dafür aber einige andere Sachen, die mir wichtig waren und die
sonst keiner sehen mußte. Ich kramte den Schlüssel aus
meiner Geldbörse und holte die Kassette aus dem Schrank. Ich
schloß auf und legte die Tüte auf mein kleines Tagebuch und
die Ausdrucke von Wichsbildern, die ich in der Kassette aufbewahrte.
Beim Anblick der Bilder fiel mir ein, daß ich ja auch noch die
CD-Rom mit unseren Nacktfotos und Kevins Sammlung im Rucksack hatte. Oh
je, die CD mußte natürlich auch in der Kassette aufbewahrt
werden, keine Frage.
Ich holte sie aus dem
Rucksack und starrte sie an, drehte sie in meinen Händen hin und
her. Tja, die Versuchung, mir die Bilder von Kevin und mir noch mal
anzuschauen, war einfach zu groß. Aber ich mußte aufpassen,
daß es keiner mitbekam. Also beschloß ich, mir den
Schlafanzug anzuziehen und ging hinunter zu meinen Eltern, um ihnen
„Gute Nacht“ zu sagen. Mittlerweile war es Viertel nach Zehn, eine Zeit
also, zu der ich sonst auch ins Bett ging, wenn ich am nächsten
Tag Schule hatte. Ich ging zurück in mein Zimmer, schmiß den
PC an, packte meine Schulsachen und putzte mir noch schnell die
Zähne, damit ich wirklich fertig war für die Nacht.
Ich machte das Licht aus,
damit es nicht nach draußen durch die Ritze unter der Tür
scheinen konnte. Meine Eltern sollten denken, ich würde bereits
schlafen. Ich legte die CD ein und lud die Bilder von Kevin und mir.
Parallel lud ich noch ein Word-Dokument mit irgendwelchen Hausaufgaben,
damit ich schnell mit der ALT und TAB-Taste die Bildschirmanzeige
umschalten konnte, falls doch jemand ins Zimmer kam.
Glücklicherweise war mein PC so aufgestellt, daß man nicht
sofort auf den Bildschirm schauen konnte, wenn man das Zimmer betrat.
Dann schaute ich mir in aller Ruhe die Bilder an. Mein Gott war das
geil und unwirklich zu gleich! Ich konnte mich nicht satt sehen an
Kevins Körper, seinem schönen Gesicht und seinem geilen
Hintern.
Tja, was soll ich sagen,
das war’s dann gewesen mit der Pause, die ich meinem Schwanz ja
eigentlich verordnet hatte. Gleich zwei mal nacheinander mußte er
gemolken werden, es ging nicht anders, keine Chance! Nach dem zweiten
Mal überkam mich aber dann doch eine bleierne Müdigkeit und
ich beschloß, jetzt doch mal langsam ins Bett zu gehen. Ich
überlegte noch kurz, ob ich die Bilder auf die Festplatte kopieren
sollte, entschied mich dann aber dagegen, das erschien mir sicherer.
Ich fuhr den PC herunter, legte die CD-Rom in meine Geldkassette,
schloß ab und ging ins Bett. Trotz Schule freute ich mich doch
jetzt auf den nächsten Tag. Schließlich würde ich Kevin
dann wiedersehen. Ich brauchte keine fünf Minuten, dann war ich
eingeschlafen.
Am nächsten Morgen
brachte mich mein Vater wieder zur Schule. Trotzdem war ich spät
dran und mußte mich beeilen, in die Klasse zu kommen. Als ich
eintrat, waren die meisten schon da. Ich versuchte mir schnell einen
Überblick zu verschaffen. Gabis Platz war immer noch leer. Kevin
war auch schon da und nickte mir zu, als er mich sah. Unschlüssig
stand ich einen Moment im Türrahmen, da ich mich nicht entscheiden
konnte, wo ich mich hinsetzen sollte. „Junger Mann, darf ich vielleicht
mal vorbei?“, sagte auf einmal eine Stimme hinter mir. Herr Deuser,
unser Englischlehrer, stand hinter mir. „Äh, ja, natürlich.“,
sagte ich und schob meinen Hintern in die Klasse hinein.
Instinktiv setzte ich
mich auf den Platz neben Gabi. Kevin sah das und nickte mir wieder zu.
Für ihn war es also in Ordnung. Herr Deuser hatte natürlich
nichts besseres zu tun, als am frühen Montag morgen einen
Vokabeltest zu schreiben. Aber Kevin und ich hatten ja gelernt, so
daß ich der Sache gelassen entgegensah. Und tatsächlich habe
ich auch fast alle Vokabeln gewußt, so schlimm konnte es also
nicht werden. In der zweiten Stunde hatten wir Deutsch, das war
ziemlich öde. In der ersten großen Pause mußte Kevin
irgendwas für die Schülerzeitung erledigen, so daß wir
uns da nicht sehen konnten. Ich stand mit ein paar anderen zusammen und
kaute lustlos auf meinem Käsebrot herum. Es war kalt
draußen und irgendwie schien das heute nicht mein Tag zu sein.
Die nächsten beiden
Stunden hatten wir Mathe. Das war, gelinde gesagt, grausam. Ich
verstand nur die Hälfte von dem, was Herr Teisel da
geschäftig an die große Tafel kritzelte. Vielleicht konnte
mir Kevin das ja später mal erklären. Ich schaute zu ihm
rüber. Er sah allerdings auch nicht so glücklich aus und
hatte die Stirn total in Falten gezogen. Aber irgendwann ging dann auch
der blöde Mathe-Unterricht zu Ende. Die fünfte und sechste
Stunde hatten wir nur Sport, der Tag war also praktisch schon gelaufen.
In der zweiten großen Pause stand ich zwar mit Kevin zusammen,
aber es waren noch einige andere dabei, so das wir uns auch da nicht
groß „privat“ unterhalten konnten.
Es klingelte und wir
marschierten mit unseren Turnbeuteln Richtung Sporthalle.
Wahrscheinlich würde Herr Ißmann uns wieder Fußball
spielen lassen. Das war der einzige tröstliche Gedanke, denn
Fußball mochte ich eigentlich ganz gern, wenn ich auch nicht
besonders gut darin war. Und tatsächlich, nach einer halben Stunde
Gymnastik-Übungen und warmlaufen, teilte uns Herr Ißmann in
zwei Mannschaften auf, die dann gegeneinander spielten. Kevin und ich
landeten in verschiedenen Teams. Er spielte allerdings im Tor, so
daß wir uns nicht großartig in die Quere kommen konnten.
Die Zeit verging ziemlich schnell und eine Viertelstunde vor Ende des
Sportunterrichts pfiff Herr Ißmann das Spiel ab. Wir hatten 2: 2
unentschieden gespielt. Na ja, war ja auch egal.
„Los, ab jetzt mit Euch unter
die Dusche. Am Mittwoch machen wir dann Geräteturnen.“, sagte Herr
Ißmann und nahm den Ball unter den Arm. Der Gedanke an das
Duschen durchfuhr mich wie ein Blitz. Scheiße! Daran hatten wir
nicht gedacht, als wir uns die Schamhaare abrasiert hatten. Jetzt
würde es jeder sehen können. Ich schaute mich um nach Kevin.
Er hatte wohl den gleichen Gedanken, kam auf mich zu und sagte im
Vorbeigehen: „Hey, bleib einfach cool. Ich überlege mir schon
was.“ Dann ging er weiter Richtung Umkleide. Ich folgte in einiger
Entfernung. Am liebsten hätte ich mich einfach schnell angezogen
und das Weite gesucht, aber Herr Ißmann verstand bei der Sache
mit dem Duschen keinen Spaß. Manchmal kontrollierte er das und
kam in den Duschraum. Wenn einer das Duschen schwänzte, wurde er
ziemlich sauer und machte einen Eintrag ins Klassenbuch. Und da konnte
dann jeder lesen, was für ein Ferkel man war. Im Zweifelsfalle
würde Patricia dafür sorgen, daß es die ganze Klasse
erfuhr, denn sie war für das Klassenbuch zuständig. Es half
also nichts, ich mußte rein in die Umkleide und mich nackt
ausziehen. Kevin stand mit dem Rücken zu mir und hatte sich
bereits ausgezogen. Und dann kam es wie es kommen mußte.
Patrick, das Arschloch,
hatte offensichtlich gut hingeschaut und sofort die Veränderung
bei uns beiden bemerkt. „Oh, seht mal! Chris und Kevin tragen jetzt
Partnerlook! Glatt wie die Babys, die Süßen. Habt Ihr Euch
das gegenseitig gemacht?“ Mein Hals schnürte sich augenblicklich
zusammen, ich hatte ein Gefühl, als müßte ich
ersticken. Alle starrten uns an. Jedenfalls empfand ich das so. Ich
habe mich noch niemals SO nackt gefühlt. Kevin drehte sich langsam
um. „Ach weißt du, Patrick, Teddybären sind total out! Tja,
und was Chris und mich angeht“, sagte er mit einem kurzen Blick zu mir,
„Wir haben wohl offensichtlich den selben Frisör wie Nico, Justin,
und Tom! Während er das sagte, zeigte er mit dem Finger auf jeden
der genannten anderen Jungs, die augenblicklich zu Grinsen anfingen. Es
stimmte, die waren auch alle glatt rasiert.
„Tja, und du solltest du
dir vielleicht mal überlegen, die Fusseln da unten auch
abzumachen. Was soll denn sollst Patrizia von dir denken, wenn du
endlich mal bei ihr landen solltest?“ Das hatte gesessen! Die anderen
Jungs fingen an zu kichern. Patrick, den keiner so richtig leiden
konnte, war total verknallt in die blöde Patrizia, die
ebenfalls ziemlich unbeliebt war in der Klasse. Doch sie ließ ihn
immer abblitzen und ließ keinen Zweifel daran, daß er ihr
irgendwie zu primitiv war. Patrick hatte einen knallroten Kopf
bekommen. Ohne eine Reaktion von Patrick abzuwarten, drehte Kevin sich
nun um und ging Richtung Duschen. Mir viel ein zentnerschwerer Stein
vom Herzen. Kevin hatte ja supercool reagiert. Angriff ist halt
wirklich die beste Verteidigung.
Gerade, als Patrick sich
von seinem Schock erholt hatte und offensichtlich die nächste
Gemeinheit rauslassen wollte, kam Herr Ißmann zur Türe
herein. „Hey Jungs, was ist los? Was steht Ihr denn so hier herum wie
die Ölgötzen? Macht, das Ihr unter die Dusche kommt, hier
stinkt’s ja erbärmlich! Keiner hatte Lust, zu widersprechen. Also
gingen wir alle brav zu den Duschen und binnen kurzer Zeit konnte man
vor lauter Wasserdunst fast nichts mehr sehen. Ich war geschockt und
froh zu gleich. Herr Ißmann hatte die Situation voll gerettet.
Glück muß man haben! Eine halbe Stunde später
marschierten 15 frischgeduschte, wohlriechende Jungs aus der Turnhalle
hinaus. Kevin raunte mir zu: „Na, wie hab ich das gemacht?“ „Super!“
erwiderte ich, „Ich hätte bestimmt kein Wort rausgekriegt, ich war
wie gelähmt!“
„Ja, das ist gerade noch mal
gutgegangen“, sagte Kevin. „Aber wir müssen trotzdem ein
bißchen aufpassen in den nächsten Tagen. Patrick wird mir
meine Sprüche sicher nicht so schnell vergessen und nur auf eine
passende Gelegenheit warten, uns oder jedenfalls mir eins
reinzuwürgen.“ „Ja, du hast Recht. Aber was heißt
„aufpassen“ denn nun in der Praxis?“ „Na ja, ich denke wir sollten es
vermeiden, in den Pausen und Freistunden nur alleine in der Ecke
rumzustehen. Das würde sicher auffallen. Wir müssen uns halt
etwas überlegen, wie und wo wir ungestört sein können.“
„Du hast Recht, was hältst du davon, wenn wir in die
„Süße Ecke“ gehen und uns einen Schlachtplan machen?“,
fragte ich. „Siehst du, das wäre zum Beispiel ein Fehler!“, sagte
Kevin. Die „Süße Ecke“ ist doch ein Café, wo fast nur
Schüler unserer Schule rumhängen. Laß uns lieber in die
Kneipe in der Schillerstraße gehen und eine Cola trinken.“
Kevin
hatte Recht. „O.k., laß uns das so machen. Ich nehme dann den
späteren Bus nach Hause.“ Die Schillerstraße war nicht all
zu weit entfernt. Wir brauchten ca. 10 Minuten bis dahin. Als wir in
den „Stadtkrug“ eintraten, schlug uns ein modriger Geruch entgegen. Der
Besitzer stand hinter der Theke und trocknete Gläser ab. Ansonsten
waren nur vielleicht 5 oder 6 Leute in der Kneipe. Sie standen alle an
der Theke und tranken ihr Mittagspausen-Bier. Wir suchten uns einen
Tisch in der hintersten Ecke aus und setzten uns. Wir bestellten uns
jeder eine Cola. Der Wirt wollte direkt kassieren, er traute uns wohl
nicht so recht. Aber das war uns egal. Hauptsache, wir konnten hier
ungestört reden.
„Hm, also was meinst du? Wie
stellen wir es an, uns möglichst oft alleine zu sehen?“, wollte
ich wissen. „Tja, ich denke, das wird wohl hauptsächlich nur am
Wochenende möglich sein, wenn wir uns gegenseitig besuchen.“,
meinte Kevin. „Wir sehen uns zwar die ganze Woche über in der
Schule, aber da sind wir ja praktisch nie allein. Wir können
natürlich ab und zu in den Redaktionskeller gehen, aber da
müssen wir auch aufpassen, denn die anderen von der
Schülerzeitung haben ebenfalls einen Schlüssel von dem Raum.
Aber hin und wieder wird das sicher gehen.“ „Hm, sonst habe ich auch
keine Idee. Scheiße!,“ sagte ich. „Na ja, vielleicht fällt
uns ja noch was anderes ein in den nächsten Tagen. Wir müssen
ja nichts übers Knie brechen.“, sagte Kevin und trank einen
großen Schluck Cola.
„Aber da ist noch was,
über das ich mir Gedanken mache.“, sagte ich. „Es geht um Gabi.
Die hätte ich schon längst mal besuchen müssen, wo sie
doch krank ist. Und wenn sie nicht mehr krank ist, weiß ich auch
nicht, wie ich das auf die Reihe kriegen soll. Du weißt ja,
daß wir immer sehr viel miteinander rumgehangen haben in der
Schule und teils auch außerhalb. Ich kann und will die Gabi jetzt
auch nicht fallen lassen, sie ist schließlich eine gute
Freundin.“ „Das verlangt doch auch keiner von dir, daß du sie
fallen läßt.“, sagte Kevin. „Ich habe doch nichts dagegen,
daß du außer mir noch andere Freunde hast. Gut wäre
natürlich, wenn Gabi über uns Bescheid wüßte.“
„Was, du meinst, ich soll ihr sagen, daß ich mich einen Jungen
verliebt habe?“ „Ja natürlich nur, wenn du ihr hundertprozentig
vertrauen kannst und sie es nicht gleich überall rumposaunt. Wenn
sie wirklich eine so gute Freundin ist wie du denkst, wird sie es
sicher verstehen. Und es wäre natürlich auch nicht schlecht,
noch jemanden auf unserer Seite zu haben, wenn es wirklich mal
rauskommt mit uns beiden.“
Tja, so rein von der
Logik her hatte Kevin zwar Recht, aber das alles war leichter gesagt
als getan. Gabi einweihen? Der Gedanke erschreckte mich irgendwie. Sie
war zwar meine beste Freundin, aber sie konnte auch ganz schön
zickig werden. Außerdem war ich mir nicht so sicher, wie sie zum
Thema Schwule stand. Wir hatten bisher noch keinen Anlaß gehabt,
darüber zu reden. Vielleicht war sie ja total negativ dazu
eingestellt und würde mich dann fallen lassen wie eine heiße
Kartoffel. Obwohl, jetzt tat ich ihr sicher Unrecht.
Erfahrungsgemäß stand sie zu ihren Freunden. Sie hatte mal
eine Freundin, Eva, die keiner so richtig leiden konnte. Gabi hat sich
mit ihr aber gut verstanden und hat sie immer gegenüber den
anderen verteidigt. Eva ist dann später mit ihren Eltern
weggezogen in eine andere Stadt und seit dem ist Gabi eigentlich nur
noch mit mir näher befreundet.
Ich war total unsicher,
was ich machen sollte und hatte ein bißchen Angst vor Gabis
Reaktion. Andererseits sind Freunde aber doch auch dazu da, ihnen
intime Dinge anzuvertrauen. Doch hatten Gabi und ich wirklich ein
so intimes Verhältnis? Na ja, als sie damals in Michael aus
unserer Klasse verknallt war, hat sie mir das schließlich auch
erzählt. Stundenlang haben wir darüber geredet, ob die beiden
wohl zusammenpassen würden, wie sie es anstellen könnte, ihm
näher zu kommen, etc. Dann hatte sie mich sogar vorgeschickt,
Michael in ein Gespräch zu verwickeln, um rauszukriegen, was er so
von Gabi hielt. Leider war das ganze dann ein Schuß in den Ofen,
weil sich herausgestellt hat, daß Michael bereits eine Freundin
hatte, eine von einer anderen Schule. Gabi war dann ganz schön
geknickt und ich habe versucht sie zu trösten und abzulenken. Ja,
wenn ich mir das recht überlegte, eigentlich hatten wir doch
ein super Verhältnis zu einander. Das heißt, irgendwie
war es auch wieder einseitig, da ich nie viel über meine
Gefühle mit ihr geredet hatte, aus verständlichen
Gründen. „Hey Chris, bist du noch da?“ Kevin riß mich aus
meinen Gedanken. „Hm, äh, ja... ich mußte halt gerade
über Gabi nachdenken. Ich weiß da nicht so recht, was ich
machen soll.“ „Du kannst es dir ja zumindest mal überlegen.
Besuche sie halt morgen oder so und peile mal die Lage.“, meinte Kevin
und schaute auf die Uhr. „Oh, ich glaube, wenn du deinen Bus noch
erwischen willst, dann sollten wir jetzt lieber gehen!“.
Tatsächlich, es war
schon viertel nach zwei, wir mußten wirklich los. Wir riefen noch
ein kurzes „Tschüß dann“ in Richtung Wirt und
verließen dann schnell die Kneipe. Wir mußten uns beeilen.
„Also Kevin, du brauchst nicht noch mit zur Bushaltestelle zu gehen.
Das ist ja ein Umweg für dich.“, sagte ich. „Ja, du hast Recht,
also trennen wir uns hier. Wenn du Bock hast, kannst du ja heute abend
noch mal anrufen. Und wenn nicht, sehen wir uns halt morgen in der
Schule.“ „O.k., bis dann, ich muß mich jetzt wirklich Dampf
machen.“ Also gingen wir in zwei verschiedene Richtungen auseinander.
Ich ging im Laufschritt, da ich auf keinen Fall den Bus verpassen
wollte. Und das war auch gut so, denn als ich um die Ecke bog, hinter
der die Bushaltestelle war, stand der Bus schon da. Ich legte noch
einen Gang zu und kam keuchend gerade noch rechtzeitig.
Drinnen schnappte ich
erst mal ein paar Minuten nach Luft. Meine Gedanken kreisten wild um
das Thema Gabi. Was sollte ich bloß machen? Wie ich es jetzt
machte, war es vielleicht verkehrt. Wenn ich es ihr jetzt sagte,
verstand sie es vielleicht nicht, und wenn ich es ihr nicht sagte, war
sie später bestimmt um so mehr sauer, wenn sie es dann doch
irgendwie herausbekommen würde. Eine echte Zwickmühle. Als
ich zu Hause ankam, war niemand da. Es lag ein Zettel auf dem
Küchentisch „Habe dein Essen in den Kühlschrank gestellt.
Komme erst heute abend nach Hause.“ Schön, ich würde also
noch für ein paar Stunden ungestört sein. Gut so! Ich schaute
im Kühlschrank nach, was meine Mutter denn Gutes für mich
vorbereitet hatte: Rouladen, Soße und Kartoffeln. Das war ganz
nach meinem Geschmack. Schon eine Minute später brummte die
Mikrowelle, ich hatte jetzt wirklich Kohldampf.
Nach dem Essen ging ich
hoch in mein Zimmer und beschloß, erst mal Hausaufgaben zu
machen. Um Gabi würde ich mich dann später kümmern. Ich
quälte mich durch die Aufgaben, immer wieder unterbrochen von
Gedankenfetzen an Gabi. Als ich schließlich mehr schlecht als
recht alles erledigt hatte, war es halb sechs. Ich war nervös. Ich
könnte jetzt Kevin anrufen, der war bestimmt zu Hause Aber was
würde das bringen, er konnte mir schließlich auch nicht
helfen. Außerdem hatte er eigentlich schon alles zu dem Thema
gesagt. Ich lief in meinem Zimmer hin und her und kam zu dem
Schluß, daß ich nicht mehr bis morgen warten konnte.
Irgendwie war ich dafür zu aufgeregt. Gabi wohnte ja nur 3
Straßen von hier entfernt und es war ja noch nicht so spät.
Ja, ich würde die Flucht nach vorne ergreifen und jetzt
einfach zu Gabi hingehen.
Ich schrieb schnell noch
einen Zettel für meine Eltern: „Bin zu Gabi. Chris“ und legte ihn
ebenfalls auf den Küchentisch. Zehn Minuten später stand ich
vor dem Haus der Krügers. Drinnen brannte in mehreren Räumen
Licht, auch in Gabis Zimmer im ersten Stock. Ich ging die Einfahrt
hinauf und schon stand ich vor der Haustür. Ich hob die Hand
Richtung Klingelknopf, holte noch einmal tief Luft und drückte
schließlich den Knopf für zwei Sekunden. Es dauerte einen
guten Moment, dann öffnete mir Frau Krüger die Tür. „Oh,
hallo Chris. Schön dich zu sehen! Du willst sicher Gabi besuchen?“
„Guten Tag Frau Krüger, ja ich möchte mal schauen, wie es ihr
geht.“ „Och na ja, die Erkältung hat sie ganz schön erwischt.
Komm rein und zieh die Jacke und bitte auch die Schuhe aus. Den Weg zu
Gabis Zimmer kennst du ja, Geh nur hinauf.“
Ich ging also auf
Strümpfen die Treppe hinauf und stand alsbald vor Gabis
Zimmertür. Scheiße, war ich aufgeregt. Ich mußte mich
jetzt echt beherrschen. Ich konnte ja nicht direkt mit der Tür ins
Haus fallen. Ich klopfte erst mal an. Keine Reaktion. Von drinnen
hörte ich Musik. Ich klopfte noch mal etwas kräftiger und
schließlich rief Gabi „Herein.“ Ich öffnete die Tür und
schaute ins Zimmer. Gabi lag auf ihrem roten Sofa und hatte sich in
eine Decke eingemummelt. Offenbar war ihr kalt, obwohl in ihrem Zimmer
eine irre Hitze war. Ich begann augenblicklich zu schwitzen. Ich trat
ein und rief „Hallo Gabi, wollte mal nach dir sehen, wo du doch
totsterbenskrank bist!“
„Ach sieh mal einer an. Der
Herr Lehmann beehrt mich mit seinem Besuch!“ sagte Gabi mit
verschnupfter Stimme und offensichtlich schlechter Laune. „Hallo Gabi,
tja, ich wollte halt mal schauen, wie es dir geht. Meine Güte,
hast du es warm hier im Zimmer, das ist ja wie in der Sauna!“ Ohne
lange nachzudenken, zog ich meinen Pullover über den Kopf und warf
ihn auf die Sessellehne, so daß ich jetzt im T-Shirt vor ihr
stand. Gabi schaute mich nur verdattert an. „Die Hose läßt
du aber an, gell?“, sagte sie kampflustig. „Keine Sorge, es sei denn,
ich könnte dir damit eine Freude machen.“, entgegnete ich ihr
schlagfertig. Sie verdrehte nur die Augen und sagte „Na dann setz dich,
willst du was trinken?“ Ich wollte. Auf dem Tisch vor dem Sofa stand
eine Flasche Cola. „Oh ja, ich habe echt Brand. Bleib liegen, ich hole
mir selbst ein Glas. Wo die Gläser waren, wußte ich,
schließlich war ich schon oft genug hier gewesen.
Ich ging also zu Gabis
Schrank mit den Glastüren, holte mir ein Glas und schenkte mir
Cola ein. Ich nahm einen kräftigen Schluck. „Ah, schon besser. Na
los erzähl mal, wie geht es dir?“ „Willst du das wirklich wissen?
Ich dachte schon, du meldest dich überhaupt nicht mehr bei mir.
Nun war es also raus. Und sie hatte ja recht, ich hätte mich viel
früher bei ihr melden sollen. „Also, ich fühle mich total
Scheiße, mein Hals tut weh, meine Nase läuft und Kopfweh
habe ich auch. So geht es mir.“ Sie nahm sich ein Taschentuch und
schäuzte laut hinein. Vor dem Sofa auf dem Boden lag schon eine
ganze Reihe Taschentücher, es hatte sie wohl echt ziemlich
erwischt. „Das tut mir leid, ich kann auch ein andermal wiederkommen,
wenn dir das jetzt zu viel ist.“ Irgendwie war mir nach Flucht. „Ich
wollte dir nur sagen, daß es mir leid tut, daß ich mich
erst jetzt bei dir melde.“
„Hört, hört, da
meldet sich also das schlechte Gewissen. Ja, ich war schon ziemlich
enttäuscht von dir.“ Sie nießte und putzte sich wieder die
Nase. „Aber wenigstens kommst du überhaupt noch!“, sagte sie jetzt
schon etwas versöhnlicher. „Bleib ruhig noch ein bißchen,
damit ich dich aus Rache anstecken kann.“ „Bloß nicht, daß
kann ich jetzt echt nicht brauchen, so kurz vor den Ferien.“ „Na ja,
dann bleib schön da hinten sitzen und komm‘ mir nicht zu nah.
Gibt’s was Neues in der Schule?“ Ich erzählte ihr, was so in den
letzten Tagen gelaufen war in der Schule. Eigentlich alles
Belanglosigkeiten. Dann wußte ich irgendwann nicht mehr, was ich
noch erzählen sollte, ohne auf Kevin zu kommen. Ich wurde
nervös. Ich könnte jetzt sagen, ich müßte nach
Hause, weil ich noch Hausaufgaben machen müßte. Einfach
flüchten.
Gabi hatte mir ruhig
zugehört, sich ab und zu die Nase geputzt und an ihrer Cola
genippt. Jetzt schaute sie mich auf einmal durchdringend an. Ihr Blick
traf mich wie ein Messer. Ich schaute unter mich, so als hätte ich
das nicht bemerkt. „Chris, was ist los mit dir?“ „Äh, was soll
schon los sein?“, versuchte ich abzuwimmeln. „Also Chris, ich bin
vielleicht momentan nicht ganz bei klarem Verstand, aber ich merke
genau, daß du mir irgend etwas verschweigst!“ Mein Magen krampfte
sich zusammen. Ich hatte ein Gefühl, als müßte ich
ersticken. „Chri--- his, ich rede mit dir!“ Gabi konnte echt
hartnäckig sein. Doch was sollte ich nur sagen, wie anfangen? Ich
schaute sie an. Sie wirkte jetzt eigentlich nicht mehr sauer, nur etwas
angespannt und mit großen Fragezeichen auf der Stirn. Dann
überkam mich eine Wut auf mich selbst. Was war ich doch für
eine Memme! Los jetzt, Chris Lehmann. Du wolltest es Gabi sagen,
deswegen bist du doch hierhergekommen. „Äh, ja, weißt du,
mir ist da was passiert in den letzten Tagen und ich weiß nicht
so recht, wie ich es dir sagen soll.“ „Na, jetzt machst du mich aber
neugierig. Los, raus mit der Sprache, erzähl mir was los ist, auf
der Stelle!“ Ich begann ihr von letztem Mittwoch zu erzählen, von
den Hausaufgaben, die ich bei Kevin abgeschrieben hatte, von der Sache
mit der Schülerzeitung und daß ich das Wochenende bei Kevin
verbracht hatte.“
Ich schaute sie wieder
an. Ihr Gesicht zeigte keine Regung. Dann schließlich sagte sie:
„Na schön, du hast dich also mit Kevin angefreundet und viel Zeit
mit ihm verbracht. Aber was ich nicht verstehe ist, was dich
offensichtlich so bedrückt daran. Habt ihr euch vielleicht
gestritten?“ „Nein, wir haben uns nicht gestritten, wir verstehen uns
super gut!“ „Also, das soll mal einer kapieren. Ihr versteht euch
supergut, habt euch nicht gestritten und du sitzt da wie ein
Trauerkloß.“ Jetzt war also der Moment gekommen, vor dem ich so
einen großen Horror hatte. „Also, ich weiß wirklich nicht,
wie ich dir das jetzt sagen soll. Uns, .... uns ist da was passiert,
wir... verstehen uns mehr als gut, weißt du....“ Ich gab mir
einen Ruck. Jetzt oder nie: „Weißt du, wir haben uns nämlich
ineinander verknallt! Es ist einfach passiert!“
Jetzt konnte ich nicht
mehr, ich war total aufgewühlt. Tränen standen mir in den
Augen, ich sah Gabi nur noch verschwommen. Warum sagte sie nichts?
„Gabi, hast du verstanden, was ich gesagt habe? Wir, wir haben uns
verliebt! Verliebt!“ „Scheiße ja, ich habe dich verstanden. Ich
habe dich sogar sehr gut verstanden. Du hast dich in einen anderen
Jungen verliebt. Mein Freund Chris steht auf Jungs!“ Dann sagte sie
erst einmal nichts mehr. Sie hatte die ganze Zeit noch auf dem Sofa
gelegen. Jetzt setzte sie sich auf und stützte das Gesicht in die
Hände. Endlose Sekunden vergingen, es war zum verrückt
werden. „Gabi, na los, sag doch was!“ schluchzte ich. Gabi dachte kurz
nach und räusperte sich.
„Nun das kommt jetzt alles ein
bißchen plötzlich für mich, obwohl …, wenn ich so recht
darüber nachdenke bin ich nicht wirklich überrascht.“ „Wie
meinst du das denn?“ „Hm, tja, ich habe noch nie so richtig
tiefgründig darüber nachgedacht, aber mir sind schon ein paar
Dinge aufgefallen in letzter Zeit.“ „Aufgefallen, was denn?“ „Na ja,
weißt du, wenn wir zum Beispiel auf dem Schulhof gestanden haben
und irgendein hübsches Mädchen ging vorbei, da haben die
anderen Jungs immer gleich hinterhergeguckt, nur du nicht. Du schienst
das gar nicht zu bemerken. Oder wenn ich mal eine enge Bluse anhatte,
haben die anderen Jungs oft versucht, mir in den Ausschnitt zu schauen.
Du hast das nie versucht, Chris. Wie gesagt, ich habe nie so wirklich
darüber nachgegrübelt, habe mir einfach nur gedacht, der
Chris ist halt noch nicht so weit. Jungs sind ja oft
Spätentwickler… Und du bist, entschuldige bitte, manchmal eh noch
recht kindisch, weißt du? Ich wäre nur nie darauf gekommen,
daß das alles also einen ganz anderen Grund hat.“
Langsam kam meine Fassung
wieder zurück. Zumindest schien Gabi nicht sauer zu sein, aber ich
hatte das Bedürfnis, ihr das alles zu erklären. „Also
weißt du, Gabi, ich bin ja selbst überrascht. Ich war mir
dessen auch nicht bewußt. Und dann die Sache mit Kevin seit
letztem Mittwoch. Das ist irgendwie alles einfach so passiert. Ich
konnte gar nichts machen Ich habe mich einfach sauwohl gefühlt,
wenn ich mit ihm zusammen war. Wir haben uns sofort super verstanden,
hatten viel Spaß zusammen und dann… ja dann hat es auf einmal
„Klick“ gemacht und ich war total verliebt. Verstehst du, bis über
beide Ohren verliebt! In einen Jungen!!! Als ich das richtig begriffen
habe, bin ich erst mal total erschrocken. Ich und schwul! Das konnte
doch nicht sein. Aber ich hab nur noch mit ihm zusammen sein wollen,
konnte an gar nichts anderes mehr denken.“
„Und Kevin, wie steht er
dazu?“, wollte Gabi wissen. „Kevin, na der macht sich gar nicht so
viele Gedanken, glaube ich. Der sieht das alles viel lockerer. Ich
meine, nicht, daß er das mit uns nicht ernst nähme, ganz im
Gegenteil, aber ich habe schon ein bißchen mehr damit zu
kämpfen als er. Das ist alles so neu und gleichzeitig wunderbar
und dann wieder erschreckend. Und außerdem hatte ich Angst, es
dir zu sagen, ich wußte ja nicht, wie du reagieren würdest.“
„Ja, wie reagiere ich denn? Gabi dachte nach, trank einen Schluck Cola,
putzte sich zum tausendstenmal die Nase und sagte dann: „Also, vor mir
brauchst du keine Angst zu haben. Wie kommst du überhaupt darauf?
Nee, Chris, mach dir mal keinen Streß wegen mir. Ich habe mich
zwar mit dem Thema Homosexualität noch nie so recht
beschäftigt, aber wenn ich so spontan darüber
nachdenke, habe ich kein Problem damit. Glaube ich zumindest. Na ja,
wir werden sehen, obwohl es natürlich schade ist, daß du der
Damenwelt für immer verloren gehst…“
Das sollte wohl ein
Scherz sein. Ich wischte mir die Augen und fühlte mich jetzt
innerlich total leer. Eigentlich hätte ich jetzt froh sein
müssen, daß Gabi so reagiert hatte, aber ich war einfach nur
fertig, irgendwie ausgebrannt. „Na los, Chris, jetzt wisch dir erst mal
die Augen trocken, sonst fange ich gleich auch noch an zu heulen. Du
sitzt ja da wie ein Häufchen Elend. Sie warf mir ihre Packung
Papiertaschentücher zu. Ich wischte mir die Augen aus und putzte
mir ebenfalls lautstark die Nase. Mein Mund war total trocken. Ich
schenkte mir Cola nach und nahm einen großen Schluck. „Na
weißt du, Gabi, ich bin halt einfach so total hin- und
hergerissen. Ich bin mit einem total süßen, lieben Jungen
zusammen und könnte die ganze Welt umarmen. Andererseits mache ich
mir Sorgen, daß es irgend jemand herauskriegen könnte und
was dann wohl passiert. Du hast doch auch sicher schon genug
Schwulenwitze auf dem Schulhof gehört. Und was meine Eltern dazu
sagen würden, da möchte ich erst gar nicht drüber
nachdenken. Und wegen dir hatte ich halt auch ein schlechtes Gewissen,
weil ich mich nicht gemeldet habe.“
„Ist gut jetzt damit. Jetzt, wo
ich Bescheid weiß, verstehe ich natürlich, daß dir in
den letzten Tagen nicht der Kopf danach stand, nach mir zu sehen. Und
ansonsten, na ja, ich glaube, ich würde an deiner Stelle auch
nicht damit hausieren gehen. Aber das mußt du schließlich
doch auch nicht.“ „Ja, aber wenn du schon gemerkt hast, daß ich
nicht bin wie andere Jungs, dann merken es die Anderen doch sicher auch
bald.“ „Ach was, dafür sind die alle viel zu blind. Die kennen
dich schließlich auch nicht so gut wie ich. Mein Gott, wir kennen
uns doch schon seit dem Sandkasten. Und wie gesagt, selbst ich
wäre ja nicht darauf gekommen, daß du auf Jungs stehst. Ich
dachte wirklich, daß du in Sachen Frauen halt noch nicht soweit
bist. Das gibt’s ja. Was denkt Kevin denn? Will der sich etwa outen?“
"Gott bewahre, nein! So weit
geht die Lockerheit dann doch wieder nicht. Nein, nein, wir behalten
das schön für uns. Du wirst vorläufig die Einzige
bleiben, die wir einweihen." "Oh, ich fühle mich geehrt!" sagte
Gabi nun einem total versöhnlichen Tonfall. "Und ich werde es
bestimmt niemandem verraten, da kannst du sicher sein." "Danke, Gabi,
dich kann man echt gebrauchen. Jetzt habe ich fast ein schlechtes
Gewissen, daß ich so Angst hatte, es dir zu erzählen."
"Papperlappapp. Manchmal habe ich ja selber Angst vor mir." Wir
mußten beide Lachen.
"Aber jetzt erzähl doch
mal. Du bist richtig in ihn verknallt?" "Ja und wie, es hat mich voll
erwischt. In meinem Kopf ist nur noch Kevin. Er ist so lieb zu mir, ich
könnte ihn ständig knuddeln. Wie findest du ihn denn?" "Ich?
Hm, was soll ich da sagen." Gabi dachte einen Moment nach. "Er ist zwar
in unserer Klasse, aber so wirklich viel geredet habe ich noch nicht
mit ihm. Also, ich meine, er ist mir voll sympathisch, wenn ich
das recht bedenke. Nicht so ein Spinner, wie viele von den anderen
Jungs Und ich muß zugeben, daß er echt gut aussieht, so ein
richtig Süßer." "Ja, gell, Kevin sieht toll aus! Ein
richtiger Glücksfall.", schwärmte ich. "Und ihr wart das
ganze Wochenende zusammen?" "Ja, Kevin hatte sturmfreie Bude, seine
Eltern waren nicht da. Und bis auf die Putzfrau, die kurz ein paar
Stunden da war, hatten wir das ganze Haus für uns alleine." "Und
was habt ihr so getrieben die ganze Zeit?" Bei Gabi kam die weibliche
Neugier durch. Ich dachte an unser Wochenende zurück und
mußte jetzt schmunzeln. "Na ja, das Wort "getrieben" trifft es
eigentlich ganz gut." "Was, so weit seit ihr schon? Das ging aber
schnell!"
"Ja, ich sage ja, es hat uns
voll erwischt. Und Kevin sieht ja soooo toll aus. Du müßtest
ihn mal sehen, nackt meine ich." "Nee danke, der soll schön
angezogen bleiben, wenn ich ihm begegne. Mir reicht es, wenn ich sein
zugegebenermaßen hübsches Gesicht sehe. Aber jetzt mal was
anderes: Wußte Kevin, daß du mich einweihen wolltest?"
"Also, er weiß nicht, daß ich jetzt in diesem Moment hier
bei dir sitze, aber wir haben uns darüber unterhalten und er war
grundsätzlich dafür es dir zu sagen. Er hielt das für
eine gute Idee." "Wie recht er doch hat! Schließlich sollte man
vor seiner besten Freundin ja keine Geheimnisse haben. Gabi sah mich
mit erhobenem Zeigefinger gespielt streng an. "Und, kriege ich dich
denn jetzt wenigstens ab und zu mal zu sehen, jetzt, wo du so mit Kevin
beschäftigt bist?"
"Och Gabi, nur weil ich
jetzt mit Kevin zusammen bin, heißt das ja nicht, daß wir
uns nicht mehr sehen. Wir bleiben doch Freunde. Ganz bestimmt." "Das
will ich auch schwer hoffen!" sagte Gabi energisch. "Außerdem
muß ja irgend jemand aufpassen, daß ihr zwei Hübschen
keinen Blödsinn macht, vor allem in der Schule." "Ja, darüber
haben wir uns auch schon Gedanken gemacht. Wir müssen verdammt
aufpassen, damit keiner was merkt. Heute gab es schon so eine Aktion,
die wäre beinahe voll in die Hose gegangen." Langsam wurde ich
mutiger. Da ich nun schon mal da war, konnte ich Gabi auch alles
erzählen. Ich erzählte ihr also von unserer Schamhaar-Aktion
und von der Situation in der Umkleidekabine. Gabi mußte voll
lachen, und zwar so heftig, daß sie ans Husten kam. "Also ihr
seid ja zwei Hirnis, meine Güte, wie kann man nur so ungeschickt
sein. Typisch Jungs! Liebe im Kopf, Verstand im Arsch!"
"Ja, ja, hinterher hat man
immer gut lachen!", murrte ich. Jedenfalls weiß ich nicht, wie
wir uns zukünftig in der Schule verhalten sollen. Ich meine, ich
kann ja schließlich nicht dauernd wegschauen, wenn Kevin mir
begegnet, und das will ich auch nicht." "Tja, du darfst ihn jedenfalls
nicht dauernd anhimmeln, das steht fest. Und wenn ich wieder gesund bin
und wieder zu Schule gehe, werde ich ein Auge auf euch haben. Ich werde
dich dann kräftig in die Rippen stoßen, wenn ich meine, es
wird gefährlich." "Du wärst dann unsere Anstandsdame?" "Ja,
so ungefähr mußt du dir das vorstellen. Aber wir kriegen das
schon hin!" Sie hatte jetzt "wir" gesagt. Gabi war nun also mit im
Boot. Das war ein gutes Gefühl. "Wann denkst du denn, daß du
wieder in die Schule kommen kannst?" "Keine Ahnung, vielleicht Ende der
Woche, mal sehen wie es mir bis dahin geht. Heute ist ja erst Montag."
Es klopfte kurz an der
Tür und Gabis Mutter kam herein. Sie hatte ein Tablett in der
Hand. "So ihr beiden, ich habe euch einfach mal ein paar Brote gemacht.
Chris, du hast doch sicher auch Hunger?" Sie hatte Recht. Ich schaute
auf die Uhr. Es war schon acht. "Ja, eigentlich wollte ich ja zum
Abendessen wieder zu Hause sein, aber wenn sie sich jetzt schon die
Arbeit mit den Broten gemacht haben, esse ich gerne hier." Sie
lächelte und stellte das Tablett auf den Tisch. "Und Gabi, denk
daran, daß du deine Tabletten gleich einnimmst, vergiß das
nicht." Sie drehte sich um und ging wieder hinaus. Gabi schaute etwas
mißmutig. "Also, ich habe gar keinen Hunger.", maulte sie. "Also,
ich schon.", sagte ich und flugs biß ich schon in das erste
Wurstbrot. Es war Putenwurst mit etwas Remoulade oben drauf, das mochte
ich besonders gerne. Gabi nahm sich aber dann doch ein Brot und kaute
lustlos darauf herum.
Eine Zeitlang sagte
keiner ein Wort. Ich aß drei Brote und trank zwei Tassen von dem
Tee, den Frau Krüger ebenfalls mitgebracht hatte. Jetzt, nachdem
ich Gabi alles gebeichtet hatte, hatte ich richtig Appetit. Gabi zwang
sich ebenfalls zwei Brote rein und nahm dann brav irgendwelche
Tabletten ein. "So, jetzt kann ich aber echt nicht mehr, Schluß
jetzt mit der Fresserei. Willst du noch meinen Pudding, ich will ihn
nicht. Ich wollte. Ich aß also zwei Pudding und dann bekam auch
ich langsam Schlucksperre. Ich lehnte mich zurück im Sessel und
schaute an die Decke. Ich fühlte mich jetzt pappsatt und
zufrieden. Gabi legte sich nun wieder hin, doch diesmal ohne Decke.
"Sag mal Chris, was mich ja mal brennend interessieren würde, gibt
es noch andere Jungs an unserer Schule, die auf Jungs stehen? Ich
meine", lachte sie, "damit ich mich nicht eines Tages in so einen
Jungen vergucke, ohne es zu wissen, bei meinem Glück." "Keine
Ahnung, Gabi, bis vor kurzem wußte ich es ja nicht mal von mir
selbst. Also, ich wüßte nicht, wer da sonst noch in Frage
käme. Und überhaupt. Kevin und ich haben auch schon
überlegt, daß es vielleicht doch ganz gut wäre, andere
Leute kennenzulernen, denen es so geht wie uns."
"Und wie wollt ihr das
bitteschön anstellen?" "Also wir haben herausgekriegt, daß
es da so eine schwule Jugendgruppe gibt." "Wo das denn?" "Nicht hier
bei uns im Ort, aber in Gassingen. Wir haben schon mal überlegt,
ob es eine gute Idee wäre, da mal hin zu gehen. Die treffen sich
immer freitags abends. Und nächsten Samstag gibt es eine
schwul-lesbische Disco, vielleicht gehen wir da zuerst mal hin." "Da
komme ich aber dann mit!", sagte Gabi in einem Ton, der keine Widerrede
zuließ. "Na klar, wenn es dir dann wieder besser geht, nehmen wir
dich selbstverständlich mit. Kevin hat bestimmt nichts dagegen.
Und wer weiß, vielleicht können wir dich dann ja mit einem
süßen Mädel verkuppeln, wenn du schon mal da bist." Ich
grinste Gabi fett an. "Das könnte euch so passen!", protestierte
Gabi. "In der Richtung läuft bei mir gar nichts. Ich steh auf
Jungs, basta!" "Da haben wir also wieder etwas gemeinsam.", lachte ich.
Gabi mußte jetzt
auch lachen. "Ja genau, und wenn ich mich demnächst mal wieder in
einen Jungen vergucke, dann kann ich mir ja bei dir und Kevin gute
Ratschläge einholen. Wir drei werden uns überhaupt nur noch
über Jungs unterhalten, was meinst du?" "Ja, vielleicht. Nein,
keine Ahnung. Wir werden sehen." Ich schaute auf die Uhr. Es war fast
Neun. Ich sollte langsam mal nach Hause gehen. "Also Gabi, ich glaube,
ich haue jetzt ab. Meine Eltern fragen sich sicher schon, wo ich
bleibe. Ich stand auf und zog meinen Pullover wieder an. Gabi schaute
mir zu. Dann sagte sie: "Du Chris, ich bin froh, daß du es
mir gesagt hast. Das ist ein echter Vertrauensbeweis, ich weiß
das zu schätzen." "Und ich danke dir dafür, daß du mir
den Kopf nicht abgerissen hast." Ich wollte auf sie zugehen und sie zum
Abschied umarmen, aber Gabi schüttelte den Kopf. "Nein, lieber
nicht, sonst stecke ich dich noch an." Sie hatte Recht. Eine
Erkältung wollte ich mir jetzt wirklich nicht fangen.
"Tja, also dann, dann gehe ich
mal. Und dir wünsche ich rasche Besserung, damit du am Samstag
wirklich mit uns kommen kannst." "Ich gebe mir Mühe.", meinte
Gabi. Ich verabschiedete mich nun von ihr und ging mit dem Tablett in
den Händen aus ihrem Zimmer. Das Tablett brachte ich brav zu ihrer
Mutter in die Küche. Ich bedankte mich noch einmal für das
Abendessen und machte mich dann auf den Heimweg. Nach der Hitze in
Gabis Zimmer tat mir die kalte, frische Luft richtig gut. Ich
fühlte mich jetzt total erleichtert. Gabi wußte nun Bescheid
und wollte offensichtlich weiter zu mir halten. Das war ein gutes
Gefühl. Das gab mir Rückhalt. Ja, es war richtig gewesen,
heute noch zu Gabi zu gehen. Ich hätte mich sonst nur weiterhin
verrückt gemacht. Und jetzt hatte ich wenigstens ein Problem
weniger im Kopf. Und wenn sie Kevin erst besser kennengelernt hatte,
würde sie ihn sicher auch genauso mögen wie ich. Na ja, fast
genauso.
Als ich zu Hause ankam,
saßen meine Eltern im Wohnzimmer und schauten fern. Wir
wechselten ein paar kurze Worte und dann ging ich hinauf auf mein
Zimmer. Ich war auf einmal todmüde. Rasch packte ich meinen
Rucksack für den nächsten Tag und eine halbe Stunde
später lag ich schon im Bett. Ich war jetzt richtig stolz auf
mich, daß ich bei Gabi gewesen war. Und morgen würde ich
Kevin wiedersehen, meinen Kevin. Mit diesem Gedanken im Kopf schlief
ich ein.
Am nächsten Tag
erzählte ich Kevin natürlich bei der erstbesten Gelegenheit
von meinem Gespräch mit Gabi. Er fand es total gut, daß ich
das schon erledigt hatte. Er war auch damit einverstanden, daß
wir zusammen in die Disco gehen würden, falls Gabi bis dahin
wieder gesund wäre. Ansonsten passierte an diesem Tag nichts
weiter Aufregendes. Genauso war es an den darauffolgenden Tagen,
schlichter Schulalltag mit all seinen Nervigkeiten. Es ging ja immer
stärker auf die Weihnachtsferien zu. Keiner hatte mehr so richtig
Lust, auch die Lehrer nicht. Kevin und ich nutzten zwar jede sich
bietende Möglichkeit, um alleine zu sein, doch all zu viele
solcher Gelegenheiten gab es leider nicht. Das nervte mich
zusätzlich. So nach und nach wurde mir richtig bewußt, was
es so mit sich brachte, schwul zu sein, wenn du dich nicht outen
wolltest. Es bedeutete, daß du dich jederzeit im Griff haben
mußtest, immer auf der Hut sein mußtest, damit keiner was
mitkriegt.
Es bedeutete Distanz zu
deinem Freund, wenn du ihm eigentlich nahe sein wolltest, eine
versteinerte Miene, wenn du ihn eigentlich anlächeln wolltest,
eine Faust in der Tasche zu machen, wenn du eigentlich viel lieber
seine Hand nehmen würdest, den Mund zu halten, wenn du ihm
eigentlich sagen wolltest, daß du ihn liebst. Mit einem Wort: es
war anstrengend! Ich hatte dauernd das Gefühl, beobachtet zu
werden. Das machte mich richtig nervös. Was hatten es die Heteros
doch so einfach. Sie konnten sich in der Öffentlichkeit einfach so
geben wie sie waren, Händchen haltend durch die Gegend laufen und
sich einen dicken Kuß geben, wenn ihnen danach war. Man konnte
richtig neidisch werden.
Aber dann sagte mir eine
innere Stimme, daß es mir doch eigentlich noch vergleichsweise
gut ging, denn ich hatte schließlich einen Freund. Es gab
bestimmt Tausende Schwule da draußen, die dieses Glück nicht
hatten. Leute, die die selben Probleme hatten, diese aber vollkommen
alleine meistern mußten und vielleicht Nacht für Nacht in
ihre Kissen heulten.
Nein, ich durfte jetzt nicht in Selbstmitleid verfallen. Wenn Kevin und
ich auch nicht besonders viel Zeit miteinander verbringen konnten, so
genoß ich doch jeden Moment davon. Vor allem, wenn ich mit Kevin
zusammen war, erschien mir alles auf einmal viel leichter und die
Probleme rückten in der Hintergrund. Seltsam war auch, daß
ich das Gefühl hatte, das mit Kevin und mir ginge schon so seit
einer Ewigkeit. Dabei war es gerade mal eine Woche her, seit wir uns
näher gekommen waren. Tja, an das Positive gewöhnt man sich
halt echt schnell.
Am Donnerstag tauchte
Gabi dann wieder in der Schule auf. Sie war noch nicht wieder
vollständig gesund, hielt sich aber wacker. Als ich in der ersten
großen Pause mit ihr zusammen auf dem Schulhof stand und
quatschte, traute sich dann auch Kevin, zu uns zu stoßen. „Hallo
Gabi, schön, daß es dir wieder besser geht!“, begann Kevin
das Gespräch. „Ja, so bescheuert, wie das vielleicht klingt,“,
sagte Gabi, „ aber ich bin richtig froh wieder in der Schule zu sein.
Mir ist zu Hause total die Decke auf den Kopf gefallen. Irgendwann hast
du einfach keine Lust mehr, zu lesen oder fern zu sehen. Und
außerdem,…,“ Gabi setzte jetzt ein breites Grinsen auf,
„gab es ja auch gewisse Neuigkeiten…“ „Ich weiß überhaupt
nicht, was du damit meinst, Gabi.“, sagte Kevin gespielt
verständnislos. „Chris, weißt du vielleicht, wovon sie
redet?“ „Nee, keine Ahnung, aber vielleicht hat die gute Gabi ja noch
ein bisschen Fieber und bildet sich gewisse Dinge ein.“ Gabi fackelte
nicht lange und stieß mir mit dem Ellenbogen in die Rippen. „Ich
geb’ dir gleich Fieber. Ich werde euch helfen, ein armes Mädchen
so zu verarschen!“ „Aua, das hat weh getan!“ ,protestiere ich. „Ja, das
sollte es auch!“ Ich rieb mir mit der Hand über die Rippen.
„Hey Kevin, paß bloß auf , was du sagst. Du siehst
ja, Gabi kann sehr „überzeugend“ sein“, sagte ich. „Tja, also
Gabi, ehe du mir auch noch eine verpaßt, möchte ich dir
einen Vorschlag machen: Was hälst du davon, wenn wir drei nach der
Schule noch kurz in die „Süße Ecke“ gehen? Ich lade dich zu
einem Kaffee oder so was ein, sozusagen, um mich bei dir gründlich
einzuschleimen.“ Gabi mußte lachen. „Ja, gute Idee!“, erwiderte
sie. „Laß uns dahin gehen, aber meinen Kaffee bezahle ich
selbst, ich bin schließlich eine emanzipierte Frau!“ Sie sagte
das in einem Ton, der keine Widerrede zuließ. Kevin sah mich kurz
hilflos an und zuckte dann mit den Schultern. In diesem Moment
ertönte die Schulglocke und wir mußten wieder in die Klasse
gehen. Drei Stunden lagen noch vor uns. Wir hatten heute die sechste
Stunde frei, weil der Lehrer krank war. Somit hatten wir etwas mehr
Zeit für unsere Verabredung im Café, bevor der Bus
ging.
Als wir in die
„Süße Ecke“ kamen, waren noch einige Tische frei. Wir
suchten uns einen Tisch am Fenster aus und bestellten uns alle einen
Kaffee. An den direkten Nachbartischen saß noch niemand. Gabi
warf zwei Stücke Zucker in ihren Kaffee, rührte kräftig
um und trank dann genüßlich eine großen Schluck. Dann
stellte sie die Tasse ab, sah zuerst mich und dann Kevin an und sagte:
„So so, ihr beiden seid also jetzt zusammen.“ Kevin sah mich kurz an
und lächelte. „Ja, sieht so aus, was? Und ich bin froh, daß
du Bescheid weißt.“ „Ja, ich bin auch froh, daß Chris es
mir gesagt hat.“ „Und, wie stehst du dazu?“ „Ich wüßte
nicht, warum das jetzt ein Problem für mich sein sollte. Ich habe
Chris bereits gesagt, daß ich mir noch keine großen
Gedanken um so was gemacht habe. Ich kannte ja auch bisher niemanden,
der schwul ist. Und den Chris, den kenne ich nun schon ewig und ich
habe es nicht bemerkt. Also, entweder war ich vollkommen blind oder
Chris hat sich nicht wirklich verändert. Es ist immer noch der
selbe Chris, nur daß ich jetzt etwas mehr über ihn
weiß. Was mich also angeht, bleiben wir Freunde!“
Ich sah Gabi dankbar an.
Sie konnte manchmal echt schwierig und motzig sein und hin und wieder
brachte sie mich echt auf die Palme. Aber immer, wenn es drauf ankam,
konnte man sich auf sie verlassen, das mochte ich so an ihr. Gerade,
als ich etwas erwidern wollte, kam Kevin mir zuvor. „Schön,
daß du das so siehst, Gabi. Und ich hoffe, daß wir auch gut
miteinander klarkommen werden.“ „An mir soll es nicht liegen,
aber ich warne dich“, sagte sie energisch, wenn du meinem Chris weh
tust, dann bekommst du es mit mir zu tun!“ „Keine Angst, Gabi, „dein“
Chris ist bei mir in besten Händen.“ Er sah mich an mit diesem
verschmitzen Lächeln, das ich so an ihm liebte. Gerne hätte
ich jetzt seine Hand genommen, aber das ging halt nicht hier im
Café. „Aber jetzt mal Themenwechsel, Jungs. Wie ist das denn nun
am Wochenende mit der Disco. Gehen wir nun dahin oder nicht?“
„Klar gehen wir dahin!“, sagte
Kevin. Wir müssen nur noch sehen, wie wir das organisieren, ich
meine, mit der Fahrerei und so.“ „Och, das kriegen wir schon irgendwie
hin. Wo ist das, in Gassingen?“ „Ja, ich habe sogar schon mal die
Fahrpläne für die Busse gecheckt im Internet.“, meinte Kevin.
„Also, die Disco geht um acht Uhr los. Wir könnten einen Bus um
zwanzig vor acht nehmen, dann wären wir pünktlich da.“ „Von
wo fährt denn der Bus ab?“, wollte ich wissen. „Ganz bei dir in
der Nähe, von der Bushaltestelle in der Leopoldstraße.“
„Tja, dann würde ich vorschlagen, wir treffen uns alle bei mir zu
Hause und ziehen dann gemeinsam los.“ „Und wie kommen wir wieder
zurück?“, fragte Gabi. Fahren denn nachts auch noch Busse?“ „Das
ist auch kein Problem. Der letzte Bus fährt um halb eins.“ „Schon
um halb eins? Da müssen wir ja ziemlich früh von der
Disco wieder weg.“, maulte ich. „Müssen wir sowieso.“, sagte
Kevin. „Ich habe mir die entsprechende Homepage im Internet angeschaut.
Die haben geschrieben, daß alle, die unter 16 Jahre alt sind, um
Mitternacht die Veranstaltung verlassen müssen. Die wollen auch
Alterskontrollen machen, vergeßt also eure Ausweise nicht!“
„Mann, ist das bescheuert!“, fluchte Gabi. Da müssen wir ja schon
gehen, wenn es in der Disco bestimmt erst so richtig losgeht.“ „Ja,
aber wir müssen noch froh sein, daß die Disco von der
Jugendhilfe Gassingen organisiert ist, sonst dürften wir da
überhaupt nicht hin, weil wir ja unter 16 sind.“, belehrte uns
Kevin. „Aber was soll’s. Lassen wir uns den Spaß nicht verderben.
Ich freue mich jedenfalls darauf. Wie sieht es aus Chris, meinst du,
ich kann bei dir pennen?“ „Ich denke, das ist kein Problem, ich
muß meine Eltern halt heute abend mal fragen.“
„Genau, frag schön, ob ich
mit dir in dein Bettchen kriechen darf.“, ulkte Kevin. „Ja, und
vielleicht deckt deine Mama euch zu und liest euch eine
Gute-Nacht-Geschichte vor.“, konnte sich Gabi nicht verkneifen. Gabi
und Kevin sahen sich an und mußten lachen. „Ihr Doofköppe,
ich bin froh, wenn Kevin überhaupt in meinem Zimmer schlafen kann.
Besuch wird bei uns nämlich immer ins Gästezimmer im Keller
gesteckt. Das muß ich meinen Eltern noch irgendwie ausreden.“ Wir
quatschten dann noch ein bisschen über alles Mögliche.
Irgendwann schaute ich auf die Uhr. Es war Zeit zu gehen. „Hey Leute,
laßt uns zahlen und dann abhauen, sonst fährt uns der Bus
weg!“ Kurz darauf verabschiedeten Gabi und ich uns von Kevin, der ja
nach Hause laufen konnte, und gingen schnellen Schrittes zur
Bushaltestelle. Kaum waren wir angekommen, kam auch schon der Bus. Wir
stiegen ein und suchten uns einen Zweiersitz.
Zuerst redeten wir nicht
viel. Dann fragte ich Gabi leise: „Du, Gabi, wie findest du den
Kevin denn so? Meinst du, ihr kommt miteinander klar?“ „Och, da sehe
ich eigentlich kein Problem bis jetzt. Er scheint ja ein ganz Netter zu
sein. Und Humor hat er auch, das ist schon mal gut. Ich hasse Leute,
die keinen Humor haben.“ „Und, wie findest du ihn sonst so, ich meine,
er sieht doch toll aus, oder?“ Gabi mußte grinsen, sagte aber
nichts. Ich stieß sie leicht in die Rippen. „Na los, sag schon!“
„Ja, ja, er ist ein ganz Süßer. Du hast echt einen guten
Geschmack, das muß man dir lassen!“ „Das wollte ich doch nur von
dir hören!“, sagte ich zufrieden. Wie konnte man Kevin auch nicht
süß finden! Für mich war er der hübscheste Junge
in unserer Klasse. Ach was! Der ganzen Schule! Und es war super,
daß ich jetzt mit Gabi über so was reden konnte.
Als ich nach Hause kam,
war niemand da. Meine Mutter hatte mir wieder Essen im Kühlschrank
parat gestellt, das ich mir dann aufwärmte. Ich ging hoch auf mein
Zimmer und machte Hausaufgaben. Das ging ziemlich schnell, denn wir
hatten nicht viel auf. Nächste Woche gab es schließlich
Ferien, Dienstag war schon Heilig Abend. Also hatten wir nur noch
morgen und Montag Schule und dann hatten wir endlich zwei Wochen
Ferien, das war phänomenal! Ich legte eine CD in den Player und
legte mich aufs Bett. Die Musik entspannte mich total und ich
döste so vor mich hin. Alle möglichen Gedanken schossen mir
durch den Kopf, an die Schule, unseren Disco-Besuch und an Weihnachten.
Plötzlich durchfuhr es mich wie ein Blitz. Weihnachten! Daran
hatte ich bisher noch gar nicht gedacht. Ich hatte ja gar kein Geschenk
für Kevin! So eine verfluchte Scheiße, jetzt mußte mir
aber flugs was einfallen. Ich zermarterte mir das Hirn, aber so
eine richtig geile Idee wollte mir einfach nicht kommen.
Was schenkt man denn
seinem frischgebackenen Freund? Mir fiel auf, daß wir uns sooo
gut ja dann doch noch nicht kannten. Hektisch versuchte ich mich zu
erinnern, über was wir so in den letzten Tagen alles gesprochen
hatten. Wir hatten echt viel gequatscht, aber einen Weihnachtswunsch
daraus abzuleiten wollte mir einfach nicht gelingen. In meinem Hirn war
totale Ebbe und ich war frustriert. In meiner Verzweiflung ging ich
runter und rief Gabi an. Die hatte zunächst aber auch keine
zündende Idee und meinte nur: „Na ja, wenn mir beim Schenken gar
nichts einfällt, schenke ich meistens was zum anziehen.“ „Was zum
anziehen? Ich kann Kevin doch schlecht ein paar Socken oder so was
schenken!“ „Typisch Mann!“, sagte Gabi. „Total phantasielos. Was
hälst du denn von einem T-Shirt? Irgendwas mit einem coolen
Aufdruck drauf.“ Der Gedanke gefiel mir. Aber was für ein cooler
Aufdruck? Und plötzlich hatte ich die Idee. „Ha, ich hab’s,
Gabilein. Super Idee von dir. Ich könnte ihm ein Spiderman-T-Shirt
schenken, er hat mir erzählt, daß er den Film total Klasse
fand.“ „Spiderman? Ihr seid echt noch die totalen Kinder! Aber was
soll’s. Wenn du meinst, so was könnte ihm gefallen.“ „Ja bestimmt!
Und ich weiß auch schon, wo ich das herkriege. Im Kino um die
Ecke habe ich so einen Verkaufsstand gesehen. Ich schaute auf die Uhr,
es war halb sechs. „Und weißt du was, ich lauf gleich los und
guck mal, was die da so haben. Mach’s gut, Gabi, bis morgen. Und danke!“
Ich zog mein Portemonnaie
aus der Tasche und schaute hinein. Kein erfreulicher Anblick! Es waren
nur noch zehn Euro darin. Das würde nicht reichen. Ich schluckte
kurz und ging dann schnurstracks auf meine Geldkassette zu. Darin war
meine eiserne Reserve. Eigentlich wollte ich mir ein neues
Computerspiel von dem gesparten Geld kaufen, aber das mußte dann
halt noch ein bisschen warten. Vielleicht bekam ich ja auch Weihnachten
noch von irgendwem Geld geschenkt. Ich dachte nicht mehr lange nach und
öffnete die Kassette. Auf dem Geld lag die Tüte mit Kevins
Schamhaaren. Natürlich mußte ich kurz hineinfassen und rieb
die Haare zwischen meinen Fingern. Wie weich die waren! Und so
schön hellblond! Mein Schwanz meinte dann, es wäre sicher
nicht schlimm, wenn ich eine halbe Stunde später zu dem Kino gehen
würde und so hatten wir dann noch eine nette kleine
„Unterhaltung“. Ich wischte mir die Wichse mit einem Tempo von Bauch
und Schwanz, zog die Hosen wieder hoch und brachte die Geldkassette an
ihren Platz zurück.
Mit fünfundzwanzig
Euro in der Tasche ging ich dann zum „Cinema Total“, das nur ein paar
Straßen weiter war. Ich hatte Glück, der Verkaufsstand war
geöffnet. Ich ließ mir dann alle T-Shirts mit
Spiderman-Motiven zeigen und entschied mich schließlich für
eines in Größe M. Das würde Kevin zwar bestimmt etwas
zu groß sein, aber er liebte ja Schlabberklamotten. Das Shirt
kostete fünfzehn Euro, ich konnte es mir also gottseidank leisten.
Und die Frau hinter dem Verkaufsstand war dann auch noch so nett, es
für mich in Geschenkpapier einzupacken. Total zufrieden ging ich
nach Hause. Inzwischen waren meine Eltern auch da und ich konnte mich
quasi direkt an den Abendbrottisch setzen. Ich erzählte ihnen,
daß ich noch ein Geschenk für Kevin besorgt hatte und dann
auch, daß wir am Wochenende zusammen mit Gabi in die Disco
wollten.
„Sagt mal, es wäre
natürlich sehr praktisch, wenn Kevin dann am Wochenende bei uns
übernachten könnte. Geht das?"“"„Ähm, ja, warum nicht.
Kein Problem. Du warst ja schließlich letztes Wochenende auch bei
ihm. Er kann ja dann unten im Gästezimmer schlafen.“, sagte meine
Mutter. Scheiße! Genau das, was ich befürchtet hatte war
eingetroffen. Mir mußte jetzt schnell etwas einfallen. „Ach
weißt du Mama, das wäre Kevin sicher nicht so recht, so
viele Umstände zu machen, ich meine mit der Bettwäsche und
so. Er kann doch auch in meinem Zimmer auf der Luftmatratze
übernachten. Einen Schlafsack habe ich ja auch.“ Meine Mutter
schaute mich verständnislos an. „Warum sollte er denn so unbequem
auf dem Boden liegen, wenn er doch unten im Keller in einem richtigen
Bett schlafen kann?“ Was sollte ich darauf nur sagen? Mir viel beim
besten Willen spontan nichts ein. Doch dann mischte sich mein Vater in
das Gespräch ein, der wohl meinen hilflosen Blick gesehen hatte.
„Aber Elisabeth, so zwei Jungs
haben sich doch viel zu erzählen. Ich habe früher auch
öfter bei meinem Freund übernachtet und wir haben immer im
selben Zimmer geschlafen und ganze Nächte durchgequascht.
Männergespräche halt.“, sagte er mit einem wohlwollenden
Augenzwinkern zu mir. „Kevin, was hälst du denn davon, wenn
ihr b e i d e im Gästezimmer schlaft. Da
sind doch zwei Betten, das wäre doch kein Problem.“ Paps, ich
liebe dich!!!, dachte ich bei mir. „Was meinst du, Elisabeth?“ Meine
Mutter schaute etwas überrumpelt aus der Wäsche, sagte aber
schließlich: „Na meinetwegen, soll mir Recht sein. Aber daß
ihr mir nicht die ganze Nacht wach bleibt, verstanden?“ Schnell nickte
ich versprecherisch. Super, die Sache war geritzt. Ich freute mich
jetzt schon total darauf. Dankbar schaute ich meinen Vater an. Manchmal
konnte man ihn echt brauchen! Nach dem Abendessen konnte ich es mir
nicht verkneifen, noch kurz bei Kevin anzurufen, um ihm die freudige
Nachricht mitzuteilen.
Kevin war auch total
happy und teilte mir mit, daß er bereits mit seinem Vater
verabredet hatte, daß er ihn am Samstag Abend gegen viertel nach
sieben zu mir bringen würde. Mann, das lief ja alles wie am
Schnürchen! Ich ging auf mein Zimmer, hörte noch eine Zeit
lang Musik und ging dann zu Bett. Vom nächsten Tag gibt es nichts
Aufregendes zu erzählen, es war lediglich ein weiterer öder
Schultag, der einen vom Wochenende trennte. Am Samstag Nachmittag fuhr
ich dann mit meinem Vater in die Stadt, um einen Weihnachtsbaum zu
kaufen. Das war ziemlich ätzend, da wir bestimmt 50 Bäume
begutachtet haben, ehe mein Vater sich für einen entscheiden
konnte. Mir ging das total am Arsch vorbei, ob so ein Baum ein paar
Äste mehr oder weniger hatte oder vielleicht leicht in die eine
oder andere Richtung neigte, aber meinem Vater war das überhaupt
nicht egal. Wir verfrachteten das gute Stück ins Auto, fuhren nach
Hause und befestigten den Christbaumständer. Meine Mutter hatte im
Wohnzimmer bereits in einer Ecke neben dem Fernseher Platz gemacht, so
daß wir den Baum direkt dort aufstellen konnten.
Dann folgte das Grauen!
Ich mußte den Baum schmücken. Also, wenn ich etwas hasse,
dann das! Lustlos schnappte ich mir die erste Christbaumkugel und fing
an. Es dauerte keine Minute, da hatte ich mich an den spitzen Nadeln
bereits zum ersten Mal gestochen. Verdammt, warum konnte ich nur keinen
kleinen Bruder haben, der das für mich erledigen konnte. Aber da
mußte ich jetzt durch, da verstanden meine Eltern keinen
Spaß. Und da ich es mir mit ihnen nicht verderben wollte für
dieses Wochenende, biß ich die Zähne zusammen und hing eine
Kugel nach der anderen auf, bis ich keine mehr hatte. Dann folgte noch
das Lametta und nach einer guten Stunde war ich endlich fertig. Meine
Mutter kam ins Wohnzimmer und begutachtete meine Arbeit. Sie schaute
kritisch. Dann ging sie wortlos zum Baum und nahm die ein oder andere
Kugel wieder ab und hängte sie an einen anderen Ast. Auch
das hasse ich. Am liebsten hätte ich die Kugeln durchs Fenster
gewichst, durch das geschlossene Fenster, versteht sich.
Nach ein paar Minuten
schien sie dann zufrieden zu sein und ging wieder in die Küche.
Ich schaute den Baum an. Das wichtigste an diesem Ding war mir,
daß hoffentlich am Heilig Abend ein Handy für mich darunter
liegen würde. Dann würde ich mich endlich besser mit Kevin
verständigen können und mußte nicht mehr ins
Wohnzimnmer laufen, wenn ich mit ihm telefonieren wollte. Ich
beschloss, unter die Dusche zu gehen. Die ganze Weihnachtsbaumaktion
hatte mich zum Schwitzen gebracht und ich hatte das Gefühl, am
ganzen Körper zu kleben. Ich ging ins Bad und zog mich aus. Mir
viel auf, daß mein Schambereich voller Stoppelhaare war, es war
halt schon wieder nachgewachsen. Dagegen mußte ich unbedingt was
tun. Ich holte den Rasierer und brachte die Sache in Ordnung. Ich
rasierte mir auch das Gesicht, na ja, ich meine, ich entfernte die drei
Haare auf meiner Oberlippe. Mein Bartwuchs war, gottseidank, noch nicht
stark. Dann duschte ich ausgiebig. Ich mußte dabei daran denken,
wie ich mit Kevin zusammen in der Dusche im Schwimmbad war und was dort
alles passierte. Ganz automatisch faßte meine Hand meinen Schwanz
und begann, ihn zu massieren. Ich stellte mir vor, Kevin wäre
jetzt bei mir und ich könnte seine weiche Haut berühren.
Überall würde ich ihn anfassen, mit den Lippen berühren,
ihn ausgiebig küssen. Die Vorstellung machte mich supergeil und
ich wichste meinen Schwanz immer schneller. Schon nach einer Minute
bäumte sich in mir alles auf und der Orgasmus riß mich fast
von den Beinen. Ich mußte mich mit einer Hand festhalten, sonst
wäre ich in die Dusche geknallt. Ich keuchte und setzte mich erst
mal hin. Nur langsam kam ich wieder zu Atem. Junge, Junge, war das
heftig gewesen. Mein Sperma lief langsam die Duschwand hinunter. Ich
schaute eine Weile ermattet zu, beschloß dann aber, wieder
aufzustehen und die Wichse mit der Brause von der Wand zu spülen.
Ich seifte mich gründlich ab und wusch mir die Haare.
Zehn Minuten später
trat ich aus der Dusche heraus und trocknete mich ab. Das Wichsen hatte
mir gut getan, ich fühlte mich jetzt total entspannt. In aller
Ruhe fönte ich mir die Haare und pfiff dabei vor mich hin. Ich
freute mich total auf heute abend. Wir würden sicher Spaß
haben, Kevin, Gabi und ich. Und wen wir womöglich alles auf der
Disco treffen würden? Das war einfach eine spannende Frage. Ich
schaute auf die Uhr, die hinter dem Waschbecken auf der Ablage stand.
Es war schon halb sieben. Ich sollte jetzt mal voran machen. Ich griff
nach der Unterhose, die ich mir zurechtgelegt hatte und stieg mit den
Füßen hinein. Gerade, als ich sie hochziehen wollte, sah
ich, daß mein Schwanz furchtbar am nachsauen war. So ein
blödes Ding! Ich hatte keine Lust, die frische Unterhose direkt
wieder zu versauen. Also beschloß ich, erst mal zu pinkeln und
tupfte mir dann ausgiebig die Schwanzspitze mit Klopapier ab. Dann
sprühte ich mir noch kräftig Deo unter die Arme, bevor ich
zurück auf mein Zimmer ging.
Ich öffnete den
Kleiderschrank. Was sollte ich nur anziehen? Irgendwie war mir das
wichtig jetzt. Früher wäre mir das am Arsch vorbeigegangen,
aber jetzt wollte ich gut aussehen. Für Kevin. Ich meine, Kevin
sah eigentlich immer gut aus, egal was er anhatte. Aber bei mir hatte
ich das Gefühl, daß ich ein bisschen nachhelfen mußte,
damit ich neben Kevin bestehen konnte. Ich wühlte im Schrank
herum, räumte ihn halb aus und suchte nach einem passenden
T-Shirt. Ich entschied mich für ein rotes und eine dunkelblaue
Jeans. Die hatte ich noch nie angehabt, sie war noch neu. Ich probierte
sie an. Sie war relativ eng geschnitten, paßte aber perfekt.
Mama, das war ein guter Kauf. Sie wußte, daß ich diese
Jeans, die man auf den Hüftknochen trägt, nicht leiden
konnte. Vor allem, wenn dann über dem Jeansbund noch ein
Stück schlabberige Boxershort zum Vorschein kam, fand ich das
hypermäßig unerotisch! Jetzt mußte ich nur noch den
roten Stoffgürtel finden, den meine Mutter mir mal zum Geburtstag
geschenkt hatte. Ich durchwühlte ein paar Schubladen und fand das
Ding tatsächlich. Perfekt. Jetzt noch das T-Shirt drüber und
ich war fertig.
Ich ging ins Zimmer
meiner Eltern, weil da so ein großer Spiegel war, und betrachtete
mich kritisch. Ja, so würde es gehen. Aber die Haare! Das sah so
brav aus, dagegen mußte ich was unternehmen. Ich ging nochmal ins
Bad, machte mir etwas Gel in die Haare und machte die Frisur etwas
zotteliger. Schon besser. Ich ging gerade in mein Zimmer zurück,
als es an der Haustür klingelte. Meine Mutter öffnete und
kurz darauf klopfte es an meiner Tür. Es war Gabi. Sie trat ein,
sagte kurz „High, da bin ich“ und schaute sich dann verwundert in
meinem Zimmer um. „Was ist denn hier passiert? Willst du ausziehen?“,
sagte sie mit einem Blick auf den Stapel Klamotten, der auf meinem Bett
lag. „Äh, nein, wie kommst du denn darauf? Ich habe nur was
Passendes zum Anziehen gesucht. Wie findest du’s?“ Ich drehte mich
einmal um meine Achse und sah Gabi erwartungsvoll an. Gabi guckte an
mir rauf und runter und mußte grinsen. „Hey du Schuft, wer bist
du, sag mir sofort, was du mit meinem Freund Chris Lehmann gemacht
hast! Wo hast du ihn versteckt?“, sagte sie in aufgesetzt strengem
Tonfall. Dann mußte sie lachen. „Stimmt irgendwas nicht mit
mir?“, fragte ich besorgt. „Nein, nein, du siehst nur so,…, so ANDERS
aus.“ „Tja, mein Imageberater hat mir zu einem neuen Look geraten und
das ist dabei herausgekommen. Ich hoffe, du bist nicht zu sehr
schockiert!“ „Ich bin eher, sagen wir mal positiv überrascht.
Kevin wird sicher beeindruckt sein.“ „Das will ich doch schwer hoffen.
Ich habe mich sogar rasiert!“ „Ja, wo denn?“ Gabi schaute mich
angestrengt an. Sie mußte mich immer aufziehen mit dem
dünnen Flaum Barthaare, der sich sonst auf meiner Oberlippe
tummelte. „Ha, ha, sehr komisch. Selten so gelacht.“ Ich tat beleidigt.
„Jetzt solltest du aber vielleicht besser das Chaos hier beseitigen,
ehe deine Mutter das sieht.“ Gabi hatte recht. Sie setzte sich auf
meinen Sessel in der Ecke und ich begann, alle rausgeräumten
Klamotten wieder mehr oder weniger ordentlich in den Kleiderschrank zu
stopfen.
Gerade als ich fertig
war, klingelte es wieder und eine Minute später stand Kevin in der
Tür. „Na ihr beiden, ready to take off?“ „Ja, du kommst gerade
richtig.“, sagte ich und ging auf ihn zu. Wir umarmten uns kurz und
Kevin gab mir einen flüchtigen Kuß. Dann ging er auf Gabi zu
und sagte: „Los, aufgestanden!“ Sie stand auf und er umarmte sie
ebenfalls, nur ohne Kuß. Gabi ließ es geschehen und war
sichtlich angetan. Kevin sah super aus. Er hatte eine schwarze Jeans an
und darauf ein weißes T-Shirt. An seinem Hals glitzerte die
dünne Halskette, die ich so an ihm mochte. Sein Gesicht kam mir
heute besonders hübsch vor, irgendwie total zart. Ich hätte
es gerne berührt, doch ich verkniff mir das wegen Gabi. „Tja
Jungs,“ sagte Gabi, „dann können wir ja eigentlich losmarschieren,
oder?“ Ich schaute auf die Uhr. Ja, es war Zeit. Wir zogen uns unsere
dicken Winterjacken an und gingen hinunter. „Na, wollt ihr los?“,
fragte meine Mutter, als wir ihr auf dem Flur begegneten. Sie
drückte mir einen Zehn-Euro-Schein in die Hand. „Hier, weil du
heute so fleißig warst mit dem Weihnachtsbaum.“
Mama kann auch richtig
nett sein. Aber natürlich mußte noch eine Ermahnung folgen.
„Aber es wird kein Alkohol getrunken, hörst du. Wenn ich morgen
merke, daß du eine Fahne hast, Chris, dann war das dein letzter
Disco-Besuch, das schwöre ich dir.“, sagte sie streng. „Keine
Angst, wir passen schon auf ihn auf!“, sagte Gabi. „Ja, das ist eine
gute Idee, Gabi. Wir Frauen müssen immer ein bisschen auf unsere
Männer aufpassen, damit sie keinen Unsinn machen.“ „Was höre
ich denn da Elisabeth?“ Mein Vater streckte den Kopf aus dem Wohnzimmer
heraus. „Als ob ich schon jemals irgendeinen Unsinn angestellt
hätte!“ „Na ja, Schwamm drüber. Also ihr drei, viel
Spaß und kommt nicht so spät zurück!“ Wir
verabschiedeten uns brav und gingen hinaus auf die Straße. Es war
saukalt. Ich zog meinen Schal noch enger um den Hals. Kälte mochte
ich gar nicht. An der Bushaltestelle mußten wir noch ein paar
Minuten warten, bis der Bus kam. Wir stiegen ein und setzten uns
hinten auf die letzte Bank.
„Ich bin schon total gespannt,
wie das dort abgeht auf der Disco.“, meinte Kevin. „Ob wir wohl
Bekannte treffen werden?“ „Ja, das würde mich auch
interessieren.“, sagte ich. Ich war ehrlich gesagt ein bisschen
aufgeregt. Ich war ja noch nie auf einer Gay-Disco gewesen und konnte
mir das noch nicht so richtig vorstellen. Einerseits hatte ich eine
frohe Erwartung, andererseits hatte ich ein bisschen Schiß. Aber
jetzt gab es kein zurück mehr. Da mußte ich jetzt durch.
Kurz vor acht kamen wir in Gassingen an und stiegen aus dem Bus. Die
Disco war gleich um die Ecke, so daß wir nur ein paar Meter zu
laufen hatten. Als wir ankamen, hatten die dort wohl gerade erst die
Tür aufgemacht und etliche Leute standen draußen in einer
Schlange. Wir stellten uns an. „Scheiße, hoffenlich dauert das
nicht so lange, bis wir drin sind.“, meinte Kevin. „Bei der Kälte
friert man sich ja die Eier ab.“ „Und das wäre doch sehr schade,
meinst du nicht?“, konnte ich mir nicht verkneifen. Gabi
schüttelte nur den Kopf und sagte gar nichts. Nach zehn Minuten
standen wir dann vor der Kasse. „Eure Ausweise bitte!“, sagte der Typ
am Eintritt. Kevin hatte also Recht gehabt. Es wurde kontrolliert. Ich
hatte noch keinen Personalausweis und schämte mich fast ein
bisschen, meinen Kinderausweis vorzuzeigen. Auf dem Foto war ich erst
zehn! Kevin warf einen Blick darauf und hielt mir dann seinen Ausweis
unter die Nase. Ein blonder Sonnenschein von etwa gleichem Alter
schaute mich mit ernstem Gesicht an. Wir grinsten uns an und gaben dem
Typ die Ausweise. Gabi war schon 16 und hatte schon einen
Personalausweis. Der Typ warf auf jeden Ausweis einen kurzen Blick und
sagte dann: „Also, die muß ich jetzt hierbehalten. Ihr
müßt um 24 Uhr die Party verlassen und könnt euch die
Ausweise dann wieder hier bei mir abholen.“ Er steckte sie in einen
bereitstehenden Karteikasten, der alphabetisch geordnet war.
Wir zahlten jeder 4 Euro
Eintritt und gaben dann für 1 Euro unsere Klamotten an der
Garderobe ab. Durch einen kurzen Gang gelangte man in die eigentliche
Disco. Drinnen war schon ziemlich viel los, was mich wunderte, weil die
doch gerade erst aufgemacht hatten. Das schien wohl eine beliebte
Veranstaltung zu sein. Die Tanzfläche war noch leer, aber die
Musik dröhnte bereits volles Rohr. Wir schauten uns erst mal in
Ruhe um. Die Tanzfläche war der tiefste Punkt des Raums und
rundherum erhob sich so eine Art Tribüne, die stufenartig nach
oben ging. Dort standen Tische und Stühle. Auf einer Seite der
Tanzfläche war eine lange Theke mit Barhockern davor. Wir
beschlossen, uns erst mal was zu trinken zu kaufen. Dann standen wir
etwas unschlüssig in der Gegend rum. Ich ließ meinen Blick
in die Runde schweifen und schaute mir die Leute an. Das Publikum war
gemischt, also es waren sowohl Jungs als auch Mädchen da.
Ich war noch nicht so oft
auf Discos gewesen, aber ich spürte sofort, daß es hier
total anders war. Neben uns begrüßten sich gerade zwei Jungs
mit Küßchen links und Küßchen rechts und umarmten
sich dann innig. Der eine trug ein total kurzes T-Shirt, das den Bauch
frei ließ. Und was für einen Bauch, total erotisch! Dann
gingen zwei andere Jungs an uns vorbei. Ich konnte es nicht fassen. Sie
hielten sich an den Händen und es schien für sie das
Normalste auf der Welt zu sein. Unglaublich! Mir lief ein wohliger
Schauer den Rücken hinunter. Dann sah ich zwei Mädels, die
sich gerade einen innigen Kuß gaben, wohlgemerkt einen
Zungenkuß! Gabi neben mir hatte das wohl auch gesehen und machte
ein Gesicht, als ob sie nicht so recht wüßte, was sie davon
halten sollte. Ich konnte nicht so recht deuten, ob sie nur erstaunt
oder vielleicht sogar ein bißchen angeekelt war. Aber
wahrscheinlich tat ich ihr da Unrecht.
Ich war jetzt froh,
daß ich mir mit meinem Outfit so große Mühe gegeben
hatte, denn jeder, den ich sah, hatte sich total rausgeputzt. Ich will
damit nicht sagen, daß jeder mit einem Glitzershirt oder so was
rumlief, was es natürlich auch gab, aber alle waren irgendwie so …
gepflegt. Ich hatte ja früher nicht so viel Wert auf mein
Äußeres gelegt, aber das gefiel mir gut. Es liefen da auch
Jungs rum, die sich offensichtlich geschminkt und die Augenbrauen
gezupft hatten. Ich fand, daß das total unnatürlich aussah.
Nein, so was würde ich niemals tun! Ich konnte mir das bei Kevin
und mir auch beim besten Willen nicht vorstellen. Und Kevin hatte das
sowieso nicht nötig! Ich stellte fest, daß er, mein Kevin
(!), zu den süßesten Jungs gehörte, die hier rumliefen.
Ich war mächtig stolz und schaute ihn von der Seite her an. Seine
blonden Haare schimmerten im Licht der bunten Scheinwerfer. Kevin
starrte gebannt umher. Ebenso Gabi. Tja, man konnte sagen, daß
wir alle drei ziemlich baff waren, bei dem Anblick, der sich uns hier
bot.
Also, wir wußten
natürlich, daß es auf der Welt noch ganz viele andere
Schwule und Lesben gab, aber das hier so Haut nah zu erleben, das war
was ganz besonderes. In den letzten Tagen hatte ich mich immer
gefühlt, als würde ich mit Kevin auf einer einsamen Insel
inmitten von ‚normalen’ Leuten leben. Eine Insel, auf der uns nur Gabi
besuchen durfte. Ansonsten mußten wir für unsere Umwelt
unsichtbar bleiben. Und jetzt hier inmitten all dieser Leute zu stehen,
von denen die allermeisten schwul oder lesbisch waren, das war ein
total unbeschreibliches Gefühl. Ich fühlte mich geradezu
euphorisch. Ich konnte nun mit eigenen Augen sehen und erleben,
daß es noch eine Menge anderer Leute gab, die so empfanden wie
ich. Und das war ein gutes Gefühl! Instinktiv nahm ich Kevins Hand
und drückte sie fest. Er schaute mich an. Sein Blick verriet,
daß er wohl ähnliche Gedanken hatte. Dann umarmte er mich
fest und lange, hier in aller Öffentlichkeit. Und es schien
niemanden zu interessieren. Einfach nur super! Gabi hatte uns
beobachtet. Ich glaube, sie begriff in diesem Moment instinktiv, was in
uns vorging, sagte aber nichts. Dann sagte Kevin an uns beide
gerichtet: „Kommt, wir suchen uns mal einen Tisch und setzen uns hin.“
Er wartete unsere Antwort gar nicht erst ab, sondern ging zielstrebig
auf einen Tisch zu, von dem aus man einen guten Blick hinab auf die
Tanzfläche hatte.
Ich nahm Gabi am Arm und
wir folgten ihm. Wir begegneten einem Mädchen, das Gabi voll
zulächelte und ihr im Vorbeigehen hinterher sah. Irgendwie fand
ich das amüsant, aber Gabi schaute ein bißchen unsicher aus
der Wäsche. Als wir am Tisch saßen, frage Kevin: „Und, wie
findet ihr es hier? Ist doch Klasse, oder?“ „Gefällt mir gut!“,
brüllte ich, um die Musik zu übertönen. „Und du Gabi“,
wollte Kevin wissen, „bereust du es, daß du mitgekommen bist?“
„Du spinnst wohl! Warum sollte ich das bereuen? Na, ja, es ist
vielleicht etwas… gewöhnungsbedürftig, das gebe ich zu,
aber irgendwie finde ich es auch total lustig.“ „Lustig? Wieso
das denn?“, fragte ich zurück. „Na ja, versteht mich jetzt
nicht falsch Jungs, aber so was sieht man halt nicht alle Tage… . Und
wie mich das Mädel eben angestarrt hat, total krass!“ „Ja, unser
Gabilein hat scheinbar echt Chancen hier“, rutsche es aus mir heraus.
„Wir müssen aufpassen, daß sie uns nicht abhanden kommt!“
Kevin mußte lachen. „Ich werde schon auf mich aufpassen, da
könnt ihr euch drauf verlassen!“, sagte Gabi energisch. „Die
Mädels haben bei mir keine Chance!“
„Tja, wir sollten wirklich
einen Jungs-Fanclub gründen, wir drei.“ , sagte Kevin. „Ja, und
Gabi ist dann unsere Präsidentin, die streng darüber wacht,
daß uns keine Tusse zu nahe kommt.“ „Blödmänner!“,
sagte Gabi nur und trank an ihrer Cola. In diesem Moment wurde die
Musik ausgeschaltet. Auf der Tanzfläche stand ein Mann mit einem
Mikrofon in der Hand. „Hallo zusammen. Mein Name ist Tom und ich
begrüße euch alle im Namen der Jugendhilfe Gassingen zu
dieser Gay-Disco. Ich finde es super, daß so viele Leute gekommen
sind und möchte mich vor allen Dingen bei den Blue Boys Gassingen
bedanken, die die Veranstaltung hier mit organisiert haben und die ich
hier besonders herzlich begrüßen möchte.“ Es folgte
lauter Beifall und Rufe von allen Seiten. Offensichtlich alles
Mitglieder der Gruppe. „So, und nun möchte ich euch nicht mit
großen Reden langweilen, sondern ich freue mich, euch den ersten
Top-Act des Abends ansagen zu dürfen. Begrüßt mit mir
Miss Sarah Petticoat!“
Die Leute klatschten laut
und aus dem Hintergrund trat eine Frau auf die Tanzfläche. Sie
hatte super hochhackige Schuhe an und trug ein knatschrotes Kleid. Sie
stolzierte auf diesen Tom zu und ließ sich das Mikrofon geben.
Ihr Gesicht wirkte irgendwie künstlich. Sie hatte voll die rot
bemalten Lippen und total lange, künstliche Wimpern.
Plötzlich begriff ich, daß es gar keine Frau war, sondern
daß es sich um einen verkleideten Mann handelte. Dann setzte
plötzlich Musik ein und ‚sie’ begann zu singen. Das dachte ich
jedenfalls für einen Moment. In Wirklichkeit war es ein
Vollplayback, zu dem sie nur den Mund auf und zu machte. ‚Sie’ ging mit
dem Mikrofon auf der Tanzfläche auf und ab, warf sich in
theatralische Posen und wackelte mit ihren falschen Brüsten. Das
Publikum schien das total gut zu finden, jedenfalls klatschten etliche
Leute laut im Rhythmus der Musik, um ‚sie’ anzufeuern. Irgendwie war
mir nicht nach mitklatschen, aber Gabi und Kevin schienen das anders zu
sehen. Sie machten mit und klatschten amüsiert in die Hände.
Also mir gefiel diese Darbietung nicht besonders. Und wenn ich so ganz
ehrlich bin, fand ich es sogar ein bißchen abstoßend. Das
war wie eine fremde Welt für mich, mit der ich aber absolut nichts
anfangen konnte. Im selben Moment schämte ich mich für diese
Gedanken. War ich etwa intolerant? Nein, eigentlich nicht. Von mir aus
sollte sich jeder so präsentieren, wie es ihm Spaß machte,
aber mir gab das überhaupt nichts. Ich stand auf Jungs, das war
mir inzwischen sonnenklar geworden. Aber Jungs, die auf Jungs stehen
und sich gleichzeitig als Mädchen verkleiden, das erschien mir
irgendwie paradox. Aber was soll’s? Ich mußte das ja auch nicht
verstehen. Vielleicht nahm ich das ja auch einfach zu ernst. Genau,
scheiß drauf. Ich war schließlich hier, um Spaß zu
haben!
Ich nahm die Hände
hoch und klatschte noch die letzten Takte der ausklingenden Musik mit.
Das Lied war zu Ende. Die Leute applaudierten. Sarah Petticoat
verneigte sich und bedankte sich höflich. Dann brachte sie noch
ein paar lockere Sprüche und schließlich fragte sie ins
Publikum, ob denn auch Heten anwesend wären heute abend. Direkt an
der Tanzfläche hoben ein Junge und ein Mädchen die Arme.
„Und, wie fühlt ihr euch so als Minderheit?“, fragte sie. Es
folgte schallendes Gelächter von allen Seiten. Das hatte gesessen.
Dann sagte sie ihren nächsten Titel an und die Musik setzte wieder
ein. Dieses Mal war es nur ein Halbplayback und Miss Petticoat sang
wirklich selbst. Na ja, Schwamm drüber! Eine begnadete
Sängerin war sie nicht gerade, aber die Zuschauer hatten
Spaß. Dann verabschiedete sie sich und forderte die Leute auf,
doch auf die Tanzfläche zu kommen und abzutanzen. Und
tatsächlich füllte sich die Tanzfläche nach und nach und
der DJ gab sich alle Mühe, die Tänzer bei Laune zu halten.
„Kommt, laßt uns doch
auch tanzen gehen!“, brüllte Kevin uns zu. Ich nickte
sofort, doch Gabi schien keine rechte Lust zu haben. „Och, ich habe
noch keinen Bock jetzt.“, meinte sie. Vielleicht später. Geht nur,
ihr beiden. Ich komme mit runter und schaue euch zu.“ Wir gingen also
runter zur Tanzfläche. Gabi blieb am Rand stehen, Kevin und ich
stürzten uns ins Getümmel. Ich bin sicher kein besonders
guter Tänzer, aber ich tanze gerne. Kevin und ich standen uns also
gegenüber und bewegten uns im Rhythmus der Musik. Ich fühlte
mich total leicht in diesem Moment, so als würde ich durch
den Raum in eine andere Dimension fliegen. Die Musik, die bunten
Lichter, der Kunstnebel, die sich bewegenden Leiber um mich herum, das
alles fand ich super geil, irgendwie abgehoben. Und vor mir mein Freund
Kevin, der ebenfalls einen total zufriedenen Eindruck machte. Wie gut
er aussah und wie geschmeidig er sich zur Musik bewegte! Einfach
genial! Spätestens jetzt hätte ich mich in ihn verliebt, wenn
wir uns bis dahin noch nicht gekannt hätten.
Ich schaute mich um und
ließ die Atmosphäre auf mich wirken. Auf den ersten Blick
war alles wie auf jeder Disco, es war laut und schwitzende Leute
bewegten sich zur Musik. Und doch war es anders hier, angenehm anders.
Jungs tanzten mit Jungs, Mädchen mit Mädchen, manche tanzten
total verrückt, andere eng umschlungen. Natürlich beobachtete
ich besonders die Jungs um mich herum. Da waren ein paar echt
süße Typen dabei, so richtige Hingucker. Fast alle waren
total schlank und hatten gute Figuren. Neben mir tanzte ein
schwarzhaariger Junge mit nacktem, braungebranntem Oberkörper. Ich
konnte nicht anders, ich mußte ihm einfach eine Weile zugucken.
Dann bemerkte ich, daß ich nicht der einzige war, der ihn
anstarrte. Er zog die Blicke der Leute um ihn herum auf sich und er tat
so, als würde er es nicht bemerken. Aber ich war überzeugt,
daß er genau wußte, wie er aussah und die Szene sichtlich
genoß. Dann traf mein Blick auf Kevin. Auch er schaute dem Jungen
zu. Der hatte dann auf einmal nichts besseres zu tun, als sich zwischen
Kevin und mich zu drängen. Er tanzte vor Kevin her, drehte seinen
Luxuskörper und nahm dabei die Arme hoch. Dann ging er auf Kevin
zu und brüllte ihm etwas ins Ohr. Ich hätte ihn umbringen
können! Dieses gottverdammte Arschloch sollte Kevin
gefälligst in Ruhe lassen, meinen Kevin!
Kevin lächelte kurz,
schüttelte dann mit dem Kopf, zeigte auf mich und sagte irgendwas
zu dem Jungen. Dann ließ er ihn stehen, ohne eine weitere Antwort
abzuwarten und kam auf mich zu. „Was wollte der denn von dir?“, fragte
ich total aufgebracht. „Ach, der hat gefragt, ob ich mit ihm was
trinken gehe an der Bar. Aber ich habe „nein“ gesagt und daß ich
mit meinem Freund hier wäre. Ich glaube, der hat’s kapiert.“ „Das
will ich auch schwer hoffen!“, sagte ich immer noch total sauer. „Hey,
hey, hey, kein Grund so abzugehen!“, sagte Kevin. „Ich habe ihn ja
abblitzen lassen. Und jetzt komm, wir suchen Gabi und dann gehen wir
was trinken.“ Er nahm mich bei der Hand und zog mich von der
Tanzfläche.
Kevin hatte Recht. Es war
ja eigentlich gar nichts passiert und er hatte ganz toll reagiert in
dieser Situation. Ich sollte also froh sein. War ich aber nicht. Durch
die Sache mit diesem Jungen hatte ich auf einmal so ein banges
Gefühl, so eine unterschwellige Angst, daß ich Kevin
womöglich eines Tages an einen dieser attraktiven Typen verlieren
könnte. Gegen die konnte ich doch nicht anstinken, so wie ich
aussah. Dann wiederum überkam mich ein schlechtes Gewissen wegen
dieser Gedanken. Was wollte ich eigentlich mehr? Kevin hatte
schließlich zu mir gestanden. Ich zwang mich dazu, das Ganze
positiv zu sehen. Aber ein Rest Unsicherheit blieb.
Gabi stand immer noch am
Rand der Tanzfläche und hatte uns wohl die ganze Zeit zugeschaut.
Sie guckte ziemlich amüsiert aus der Wäsche. „Na, sag
bloß der Typ wollte dich gerade abschleppen, Kevin?“, wollte sie
wissen. „Ach, Scheiß drauf, der interessiert mich doch gar nicht,
wo ich doch sooo einen süßen Freund habe...“ Er
lächelte mich an und augenblicklich war ich wieder besser gelaunt,
wenn auch ein unsicheres Gefühl blieb. „Was ist Gabilein, wollen
wir vielleicht auch mal tanzen?“ fragte Kevin. „Nöö, ich hab'
noch keine Lust. Irgendwie steckt mir noch die Erkältung in den
Knochen.“ „O.k., wir wollten sowieso was trinken gehen. Suchen wir uns
ein ruhigeres Plätzchen.“ „Da ganz hinten ist eine Bar mit einigen
Tischen und Stühlen davor“, sagte Gabi. „Laßt uns doch da
hin gehen.“
Wir folgten Gabi quer
durch die ganze Disco und kamen schließlich an besagte Bar. Hier
war es tatsächlich viel leiser, so daß man sich würde
unterhalten können. Wir holten uns jeder eine Cola und setzten uns
an einen der Tische.
Wir redeten kaum was und
genossen einfach die Atmosphäre. Irgendwann mußte ich dann
pissen. Ich ging also aufs Klo und als ich wieder rauskam, und mich
umschaute, durchfuhr es mich wie ein Blitz. Einer der
Müller-Zwillinge stand auf einmal vor mir! Ich wußte nicht,
ob es Erik oder Sven war. Die beiden sahen sich so ähnlich,
daß man sie nicht so einfach voneinander unterscheiden konnte.
Sie waren an der selben Schule wie wir, nur eine Klasse höher.
Scheiße, ich wollte eigentlich keine Bekannten hier treffen! Er
war genauso verdutzt wie ich und einen Moment lang sahen wir uns
sprachlos an. Dann sagte er schließlich: „Hey Chris, auch hier?
Tja, so sieht man sich wieder,“ sagte er mit einem verschmitzen
Lächeln. „Bist du alleine hier?“ wollte er wissen. „Äh, nein,
Kevin und Gabi sind auch hier.“, stammelte ich. „Und du?“ „Ach, ich bin
mit meinem Bruder hier.“ Im selben Moment drängte sich ein Junge
durch die Menge und stellte sich neben ihn. Es war sein
Zwillingsbruder. Ich schaute sie einen Moment lang an.
Sie hatten
unterschiedliche T-Shirts an, der eine ein blaues und der andere ein
rotes. Ansonsten glichen sie sich wirklich wie ein Ei dem anderen. Sie
waren groß und schlank und hatten weißblonde Haare, noch
etwas heller als die von Kevin. Sie hatten diese moderne Frisur mit dem
großen Seitenscheitel, bei dem die Haare schräg über
die Stirn laufen. Ihre Augen waren tiefblau und ihr Gesicht trug sehr
feine Züge. Um es mit einem Wort zu sagen: ein Traum!
Dann sagte der mit dem
blauen T-Shirt: „Hey Sven, du kennst ja Chris von der Schule, er ist
mit Kevin und Gabi hier.“ „Hallo Chris!“, sagte Sven und kam auf mich
zu und umarmte mich. „Schön, daß Ihr auch hier seid!“. Ich
wußte gar nicht, wie mir geschah. Diese Art der
Begrüßung war mir fremd, aber gleichzeitig empfand ich es
als sehr angenehm. Ich muß wohl etwas verdattert ausgesehen
haben, denn Sven sagte, indem er mich wieder los ließ: „Keine
Angst, ich beiße nicht! Wo sind denn die anderen?“ „Die...
äh, die sitzen da hinten bei der Bar und fragen sich sicher schon,
wo ich bleibe. Ich geh dann mal wieder zu ihnen.“, sagte ich etwas
unsicher. „O.k., dann vielleicht bis später.“, sagte Erik, nahm
seinen Bruder bei der Hand und zog ihn mit sich. Ich schaute ihnen
nach. Die beiden gingen Händchen haltend Richtung Tanzfläche.
Ich konnte es nicht fassen: Waren die beiden Brüder nicht nur
schwul, sondern etwa auch noch ein Paar? Ich war total aufgeregt und
ging schnell zu Kevin und Gabi.
„Was ist denn mit dir los?“,
fragte Gabi, als sie mich sah. „Hast du einen Geist gesehen?“ „Ja, so
etwas in der Art.“, sagte ich und mußte mich erst mal hinsetzen.
Ich trank einen großen Schluck und erzählte dann den beiden
von den Zwillingen. „Hey, das ist ja voll krass!“, sagte Gabi.
„Die Müller-Zwillinge und schwul, wer hätte das gedacht?“
„Und vielleicht sogar ein Paar?“, gluckste Kevin, der das irgendwie
wohl total komisch fand und herzlich lachen mußte. „Was lachst du
denn so?“, wollte ich von ihm wissen. „Na ja, stell dir das doch mal
vor: Du bist ein Zwilling und liebst deinen eigenen Bruder. Das
fällt doch erst mal gar keinem auf, daß du ständig mit
ihm zusammen hängst, nicht mal in der Schule. Das ist doch bei
Zwillingen meistens so, daß die alles gemeinsam machen. Ist doch
total praktisch, irgendwie. Die haben doch oft ein gemeinsames
Schlafzimmer und keinem würde so schnell auffallen, daß die
sich auch körperlich nahe kommen, wenn sie nach Außen hin
ein bißchen aufpassen.“ „Ja aber, ist das denn nicht verboten?“,
wollte ich wissen. „Keine Ahnung.“, sagte Kevin. „Müßte man
vielleicht mal im Internet recherchieren. Aber wenn ich darüber
nachdenke, finde ich eigentlich nichts dabei. Was soll schon passieren?
Kinder können die ja schließlich nicht in die Welt setzen.“
„Außerdem, was geht’s uns an?“, sagte Gabi. Vielleicht haben die
beiden auch einfach nur ein inniges Verhältnis zu einander und
sind ansonsten ganz normale Schwule.“ „Normale Schwule?“, sagte ich.
„Wie sich das anhört!“ Jetzt mußte auch ich lachen.
Über was redeten wir hier eigentlich? Ich beschloß, das
Thema zu wechseln.
„Gabilein, wie wäre es
jetzt mit einem Tänzchen?“, fragte ich. „Ja, warum nicht, aber
Kevin kann ruhig mitkommen, dann tanzen wir halt zu dritt.“, antwortete
sie. Kevin nickte und wir tranken alle unsere Cola aus und gingen zur
Tanzfläche. Die war proppenvoll mit Leuten, aber wir drängten
uns noch irgendwie dazwischen. Der DJ legte echt gute Musik auf und wir
drei tanzten, was das Zeug hielt. Die Zwillinge waren auch noch da,
aber jeder von ihnen tanzte mit einem anderen Jungen. Vielleicht hatte
ich einfach zu viel Phantasie gehabt, aber das war mir jetzt auch
irgendwie egal. Ich genoß es, mich im Rhythmus der Musik zu
bewegen und fühlte mich eins mit den ganzen Leuten um mich herum.
Es war so ein beschwingtes Gefühl, ich fühlte mich auf einmal
total leicht und ich schien auf einer Welle zu reiten. Wir haben
bestimmt eine Stunde getanzt. Bei dem ein oder anderen Lied haben wir
auch mitgesungen und es war einfach nur Fun total.
„Hey Leute, ich kann nicht
mehr!“, rief Gabi auf einmal. „Kommt, laßt uns mal hinsetzen und
Pause machen. Ich muß mal verschnaufen und habe furchtbaren
Durst.“ Wir gingen wieder zurück, wo wir vorhin gesessen hatten,
mußten uns aber jetzt einen anderen Tisch suchen. Wir besorgten
uns wieder jeder eine Cola und tranken gierig. Tanzen machte echt
durstig und die Luft in der Disco wurde langsam auch ein bißchen
stickig. „Ich geh mal für kleine Mädchen.“, sagte Gabi und
machte sich auf in Richtung Toiletten. Als sie weg war, nahm Kevin
meine Hand und gab mir einen Kuß auf die Wange. Ein Schauer
durchlief mich. Ich schaute in seine hellgrauen Augen und gab ihm einen
Kuß auf den Mund, keinen Zungenkuß, nur eine einfache
Berührung unserer Lippen. Er lächelte und legte seinen Arm
über meine Schultern. Wie gut das tat! Und hier in dieser Umgebung
kam es mir wie das Natürlichste auf der Welt vor, daß wir
hier so saßen. Ich war total froh, auf diese Disco gegangen zu
sein.
„Na ihr Turteltäubchen,
dürfen wir uns zu euch setzen?“, fragte jemand von hinten. Etwas
verdutzt blickten wir über die Schulter. Erik und Sven standen
hinter uns und hatten uns wohl beobachtet. „Äh, ... ja, klar.“,
sagte Kevin. „Aber laßt diesen Platz hier frei, da sitzt die
Gabi, die kommt gleich wieder.“ Die beiden setzten sich uns
gegenüber und stellten die mitgebrachten Gläser vor sich hin.
Im selben Moment kam Gabi dann auch zurück und so waren wir nun
also komplett. „Und, wie gefällt es euch hier?“, wollte Erik
wissen. „Ist echt super, ist total geil hier!“ sagte ich und Kevin und
Gabi nickten dazu. „Das hören wir gerne, wir haben die Disco
nämlich mit organisiert.“, sagte Sven. „Wie das denn?“, wollte ich
wissen. „Na ja, wir sind Mitglied bei den „Blue Boys Gassingen“ und die
Jugendhilfe Gassingen hat uns angeboten, bei der Veranstaltung
mitzumachen. Und wie ihr seht, die Bude ist voll. Damit haben wir gar
nicht gerechnet.“ „Was habt Ihr denn mit der Organisation zu tun?“,
fragte Gabi. „Also, wir haben die Plakate entworfen und überall in
der Gegend verteilt. Außerdem haben wir Einladungen per E-Mail
verschickt und einige von uns helfen hier heute abend mit, z.B. hinter
den Theken.“, erklärte Erik.
„Aber wir wollten euch noch
etwas anderes fragen“, sagte Sven. „Wir wollten euch gerne einladen zu
einem unserer Treffen zu kommen. Wir treffen uns immer freitags um halb
Acht im Haus der Jugend hier in Gassingen.“ Kevin und ich schauten uns
an. „Ja, die Idee hatten wir auch schon.“, sagte Kevin. „Aber was geht
denn so ab bei euch wenn ihr euch trefft?“ „Also, nichts Welt
bewegendes.“, sagte Sven. „Wir sind ca. 25 Jungs im Alter von 14 bis 20
Jahren. Wir treffen uns einfach, spielen Billard, unterhalten uns,
schauen Filme an und so was. Es ist total locker. Ihr müßt
auch nicht sofort Mitglied im Verein werden. Das ist ein offener Treff
und jeder kann zu uns kommen.“ Sven hatte wohl Gabis versteinerte Miene
bemerkt. Sie fühlte sich wohl gerade etwas ausgeschlossen. „Du
kannst natürlich mitkommen, Gabi. Beste Freundinnen sind uns stets
willkommen.“, sagte er. Gabi blickte ziemlich erleichtert drein. „Das
will ich ja wohl auch schwer hoffen. Irgend jemand muß auf die
beiden hier ja schließlich aufpassen!“, sagte sie in gespielt
strengem Tonfall. „Na, dann ist das ja auch geklärt.“, sagte Sven
und schob uns eine kleine Visitenkarte entgegen. „Hier steht noch mal
die Adresse drauf und der Link zu unserer Homepage. Wäre echt
schön, wenn ihr kommen könntet. Ihr werdet sehen, es wird
euch gefallen mal außerhalb von der Schule mit anderen Leuten
zusammenzutreffen, die alle so ganz zufälligerweise auch schwul
sind.“ Er zwinkerte mit dem Auge und dann stand er auf. Sein Bruder
ebenfalls. „Wir müssen jetzt los, wir haben gleich Thekendienst.
Überlegt es euch halt mal.“, sagte Erik. „O.k., dann vielleicht
bis nächsten Freitag.“, rief ich ihnen hinterher und beide nickten
uns zu und verschwanden dann Richtung Theke.
Wir schauten uns an.
Natürlich würden wir dahin gehen. „Wen wir da wohl alles
treffen werden?“, sagte Kevin. „Ja, wird echt spannend, ich freue mich
schon drauf!“, sagte ich. „Und ich erst!“, sagte Gabi. „25 Jungs, von
denen keiner was von mir wissen will. Echt super!“ „Wir
könnten dich ja als Jungen verkleiden. Du läßt dir die
Haare schneiden und bekommst ein paar Klamotten von uns. Dann stellen
wir dich als unseren hübschen Freund ‚Gabriel‘ vor und alle Jungs
werden dir zu Füßen liegen. Das wär doch echt
lustig!“,sagte ich. „Super Idee! Ich lach‘ mich tot!“, erwiderte Gabi
mit einem etwas genervten Gesichtsausdruck.
In diesem Moment kam ein
dunkelhaariger Junge in einem schwarzen T-Shirt auf unseren Tisch zu.
Kevin und mich beachtete er nicht besonders, sondern wandte sich sofort
an Gabi. „Hallo, ich heiße Max und wollte dich fragen, ob du
vielleicht Lust zum Tanzen hast?“ Gabi schaute etwas überrumpelt
aus der Wäsche und sah mich frangend an. Ich zuckte nur mit den
Schultern und sagte: „Geh nur!“ Sie sah den ziemlich gut
aussehenden Jungen an und sagte: „O.k., warum nicht. Ich heiße
übrigens Gabi.“ Dann stand sie auf und die beiden verschwanden
Richtung Tanzfläche. „Das find ich gut, daß sich jemand
für Gabi interessiert.“, sagte Kevin. „Ich glaube, die fühlt
sich schon ein bißchen als Anhängsel bei uns.“ „Ja,meinst
du? Aber vielleicht hast du Recht, soll sie ruhig mit dem Jungen
tanzen, der ist ja echt nicht von schlechten Eltern!“ „Ja, total geiler
Typ.“, meinte Kevin, schaute mich an und schob hinterher:
„Natürlich nicht so geil wie du!“ Er gab mir einen Kuß auf
die Wange. Ich glaube, ich bin rot geworden in diesem Moment. Was hatte
ich doch für einen lieben Freund. Wir nahmen uns bei den
Händen und sagten eine ganze Zeit lang erst einmal gar nichts
mehr. Wir ließen einfach die Umgebung auf uns wirken und schauten
in die Runde. Die bunten Lichter, die Musik, die vielen Leute, alles
war gut. Ich schloß für einen Moment die Augen. Ja, ich war
wirklich glücklich in diesem Augenblick. Eigentlich
müßte man die Zeit anhalten können, damit man es
länger genießen konnte. Ich öffnete die Augen wieder.
Kevin sah mich an. „Hey, träumst du oder was?“ „Ja, so was in der
Richtung.“, sagte ich.
Nach etwa einer halben
Stunde kamen Gabi und Max von der Tanzfläche zurück und
setzten sich zu uns. „Oh Leute, ihr seht ja ganz schön fertig
aus!“, sagte Kevin. „Ja, ja, wir sind ganz schön über die
Tanzfläche gewirbelt. Max ist ein echt toller Tänzer.“, sagte
Gabi sichtlich gut gelaunt und schaute Max dabei lächelnd an.
„Äh, ja, Tanzen macht mir echt Spaß!“, sagte Max und wischte
sich den Schweiß von der Stirn. Er hatte tiefbraune Augen und
einen total erotischen Mund. „Ich heiße übrigens Chris.“,
sagte ich . „Und das hier ist mein Freund Kevin.“ „Super, dann
weiß ich endlich auch, wie Ihr heißt. Seid Ihr schon lange
zusammen?“, wollte er wissen. Er schien kein Problem damit zu haben.
„Nein, noch nicht sehr lange, aber wir kennen uns schon ein paar Jahre.
Wir gehen zusammen zur Schule.“, sagte ich. „Und du, was treibt dich
auf eine Gay Disco?“, konnte ich mir nicht verkneifen. „Na ja, meine
beste Freundin Natascha steht auf Mädchen. Sie hat sich nicht
alleine hierher getraut. Da bin ich einfach mitgegangen. Und kaum waren
wir hier, ist sie auf der Tanzfläche verschwunden und hat mit
einem Mädchen nach dem anderen getanzt. Ich stand total blöd
in der Gegend rum, dabei hatte ich Lust zu tanzen. Aber Gabi hat mich
ja schließlich gerettet.“ Er warf ihr einen dankbaren Blick zu.
Gabi strahlte über das ganze Gesicht. Wir unterhielten uns dann
noch so über dies und das. Wir erfuhren, daß Max auf das
Erich-Löbel-Gymnasium ging, das war gar nicht weit von unserer
Schule entfernt. Er war schon 17 Jahre alt, also 2 Jahre älter als
wir alle. Er spielte Fußball und ging gerne ins Kino. Alles in
allem, ein stinknormaler Teenager.
„Sollen wir noch mal Tanzen
gehen, da läuft ja gerade ein supergeiler Song?“, sagte er an uns
alle gerichtet. „Also, ich muß sagen, ich bin ziemlich kaputt und
muß mich erst mal noch etwas ausruhen.“, sagte Gabi und sprach
mir damit aus dem Herzen. „O.k., aber wir könnten vielleicht
Kicker spielen, Es gibt nämlich einen im Nebenraum.“ Die Idee war
schon besser. „Oder hast du was dagegen, Gabi?“ „Was soll ich denn
dagegen haben, ihr werdet schon sehen, wie das endet!“ Gabi war
dafür bekannt, daß sie super kickern konnte, aber das konnte
Max ja schließlich nicht wissen. Wir gingen also in den Nebenraum
und ich warf einen Euro in den Kasten. Die Bälle rollten in die
Halterung. Wir bildeten 2 Teams. Gabi wollte unbedingt mit mir spielen,
so daß Kevin also mit Max ein zusammen spielte. Sie fühlte
sich wegen der Frage von Max wohl leicht gekränkt und wollte ihm
scheinbar zeigen, wo der Hammer hängt. Wir spielten insgesamt 3
Durchgänge und Gabi und ich gewannen sie alle. „Oh jeh!“, sagte
Max. „Ich glaube, wir hören besser auf jetzt. Kevin und ich haben
uns ja bis auf die Knochen blamiert. Ihr beiden seid aber echt nicht zu
schlagen!“ „Ja, sag ich doch!“, erwiderte eine nun sichtlich besser
gelaunte Gabi.
Max schaute auf die Uhr.
„So, jetzt muß ich aber mal sehen, wo Natascha sich rumtreibt und
ob alles in Ordnung ist. War nett, Euch kennen zu lernen. Ich hoffe,
wir sehen uns bald mal wieder“ „Äh Gabi, ich wollte dich noch was
fragen, kommst du kurz mit?“ Er nickte Kevin und mir zu und ging dann
mit Gabi ein paar Meter weiter. Er sagte ihr etwas ins Ohr und dann
sahen wir, wie beide ihre Handys aus der Tasche holten. Sie tauschten
offensichtlich ihre Nummern aus.
„Sieh an, sieh an, das ging ja
schnell!“, sagte Kevin mit einem Lächeln auf dem Gesicht. „Finde
ich toll!“, sagte ich. „Ich glaube, der ist in Ordnung. Er ist mir
ziemlich sympathisch. Vielleicht entwickelt sich da ja was. Ich
würde es der Gabi gönnen.“ „Ja, ich auch, vielleicht
können wir ja irgendwann mal was zusammen unternehmen.“ Gabi kam
zurück mit hochrotem Kopf. „Ich will keine blöde Bemerkung
von euch hören, sonst setzt’s was!“, sagte sie energisch. Als ob
wir es abgesprochen hätten hielten Kevin und ich uns beide
demonstrativ die Hand vor den Mund. „Kein Wort!“, fauchte Gabi. Aber
dann mußten wir alle lachen und die Situation war gerettet. Wir
gingen Richtung Tanzfläche. Es war dort immer noch sehr voll. Kein
Wunder, war es doch erst halb Zwölf. Halb Zwölf!!!
Scheiße, in einer halben Stunde mußten wir ja schon gehen.
So ein Mist. Die anderen hatten gesehen, daß ich auf die Uhr
geschaut hatte und wußten sofort, was Sache war. „Kommt,
laßt uns noch mal kurz ein bisschen tanzen.“, schlug Kevin vor.
Wir gingen auf die Tanzfläche und legten los. Aber irgendwie
machte es mir nicht mir so viel Spaß wie vorher. Ich hatte noch
keine Lust, nach Hause zu gehen. Nach einer Weile lief dann auch noch
das saudoofe Lied ‚Wer hat an der Uhr gedreht‘. Der DJ griff zum
Mikrofon und sagte durch, daß alle, die noch keine 16 waren,
jetzt leider die Veranstaltung verlassen müßten. „Tja. Das
war’s dann wohl für heute.“, sagte Kevin. „Jetzt müssen wir
wohl leider abhauen. Wir gingen alle noch mal auf’s Klo und dann holten
wir unsere Jacken von der Garderobe ab. Am Ausgang bekamen wir unsere
Ausweise wieder. Draußen war es so richtig scheißkalt. Die
reinste ‚Hallo-wach-Pille‘ nach der Hitze und der stickigen Luft in der
Disco. Ich zog mir meinen Schal fester um den Hals, ich hatte keine
Lust, mir jetzt auch noch eine Erkältung zu holen. Wir gingen zur
Bushaltestelle und glücklicherweise stand der Bus schon dort. Der
Busfahrer ließ uns herein und wir setzten uns wie auf der
Hinfahrt wieder auf die letzte Bank. Nach und nach kamen auch noch
einige andere Leute und nach etwa 20 Minuten fuhr der Bus dann
schließlich los. „Chris, was machst du denn für ein
Gesicht?“, fragte Kevin. „Der Abend war doch super!“ „Ja, find ich
auch“, stimmte Gabi ihm zu, woran wohl die Begegnung mit Max nicht ganz
unschuldig war. Ich dachte kurz nach. Ich war immer noch gefangen von
der Atmosphäre in der Disco und war einfach traurig, daß es
schon vorbei war.
Schließlich sagte
ich: „Ja, ihr habt ja Recht. War wirklich toll dort. Ich wäre halt
nur gerne noch ein paar Stunden geblieben!“ „Ich auch“, sagte Kevin.
„Aber was soll’s. Wir können ja bei der nächsten
Veranstaltung einfach wieder hingehen. Die beiden nickten. Das war also
jetzt schon beschlossene Sache. Kevin nahm meine kalte Hand und
drückte sie. Sofort fühlte ich mich besser. Ich sah ihn an.
Er sah einfach toll aus! Und er würde die Nacht bei mir
verbringen, das war doch auch was. Wir kamen an unserer Bushaltestelle
an und stiegen wieder aus hinaus in die Kälte. „Also ihr beiden,
dann mache ich mich jetzt mal auf den Heimweg.“, sagte Gabi und
gähnte dabei. „Wir bringen dich noch nach Hause. Ist ja kein
großer Umweg.“, schlug ich vor. „Ihr spinnt wohl. Ich bin doch
kein Kleinkind!“, protestierte Gabi. „Keine Widerrede“, sagte ich
energisch. „Wir als perfekte Gentlemen lassen nicht zu, daß unser
liebes Gabilein auf dem Heimweg verloren geht und vielleicht von
irgendeinem alten Sack dumm angemacht wird!“ Gabi holte tief Luft und
wollte etwas sagen. Doch Kevin kam ihr zuvor und sagte: „Komm Gabi, gib
dich geschlagen. Wir kommen mit, ob du’s willst oder nicht. Wir
können aber ein paar Meter hinter dir gehen, wenn es dir peinlich
ist.“ „Blödmänner!“, sagte Gabi und lachte aber dabei. „Na
gut, dann laßt uns endlich losgehen, mir ist kalt.
Wir brachten Gabi also
nach Hause und machten uns dann ebenfalls auf den Heimweg. Bei uns zu
Hause brannte noch Licht. Meine Eltern waren also noch auf. Ich
schloß die Haustür auf und wir gingen rein. „Chris, Kevin,
seid Ihr’s?“, hörte ich meine Mutter rufen. Schon stand sie im
Flur und sah uns an. „Guten Abend, Frau Lehmann.“, sagte Kevin
höflich. „Hallo Ihr beiden. Na war es schön auf der Disco?“
„Ja, war super. Wir wären nur gerne noch ein bissschen
geblieben.“, sagte ich. „Papperlapapp“, sagte meine Mutter. Es ist
viertel nach Eins, das ist ja wohl spät genug. Wie ist’s, habt Ihr
noch Hunger? Ich habe Euch ein paar Brote gemacht.“ „Super Idee!“,
sagte Kevin. „Ich könnte wirklich was essen, mir ist schon ganz
flau im Magen.“ „Dann zieht Eure Jacken aus und geht in die Küche.
Wir Ihr wollt, könnt Ihr Euch auch noch einen Kakao machen.“ Wir
wollten. Wir gingen also in die Küche und verspeisten die
vorbereiteten Brote. Die waren echt lecker mit Käse, Tomaten und
etwas Salat belegt. So was bekomme ich sonst fast nie fertig
vorgesetzt. Es lag sicher daran, daß Kevin da war, da wollte
meine Mutter wohl einen guten Eindruck machen.
Als wir den Bauch voll
hatten, schauten wir uns zufrieden an. Kevin gähnte.
„Scheiße, bin ich müde. Komm laß uns ins Bett gehen!“,
sagte er. Ich war einverstanden. Wir gingen noch kurz ins Wohnzimmer,
um meinen Eltern ‚Gute Nacht‘ zu sagen und gingen dann in den Keller
ins Gästezimmer. Den Rucksack mit Kevins Sachen hatten wir schon
hinuntergebracht, ehe wir losgezogen waren. Wir zogen uns sofort die
Schlafanzüge an, gingen jeder noch mal pissen und putzten uns noch
brav die Zähne. Als wir schließlich im Bett lagen, sagte
Kevin: „Du Chris, das war ein super Abend. Ich habe mich total
wohlgefühlt da!“. „Ja, ging mir auch so. Keiner hat sich um uns
gekümmert, das war total geil. Schade, daß es nicht immer so
sein kann.“ „Ja, find ich auch“, sagte Kevin und gähnte schon
wieder. Dann schließ er ein und ich schaute ihn noch eine Zeit
lang an. Wenn er schlief war noch schöner als sonst. Was hatte ich
doch für ein Glück, so einen gut aussehenden Freund zu haben.
Ich beschloß, mich an ihn zu kuscheln. Irgendwie brauchte ich das
jetzt. Dann jedoch überkam mich ein ungutes Gefühl. Was, wenn
meine Eltern jetzt zur Türe hereinkämen? Das wäre sicher
gar nicht gut. Ich stand auf und schloß die Tür ab, das war
sicherer. Mir würde schon eine Ausrede einfallen, wenn meine
Mutter morgen früh vielleicht ins Zimmer kommen wollte, um uns zu
wecken. Dann fiel mein Blick auf den Wecker auf dem Nachttisch. Den
konnte ich ja stellen, dann waren wir vielleicht schon wach, ehe sie zu
uns kam. Ich nahm das Ding und stellte ihn auf 11 Uhr. Dann machte ich
das Licht aus. Schlagartig gingen mir Szenen des heutigen Abends durch
den Kopt, wie Filmfetzen, die durch mein Hirn wehten. Die bunten
Lichter, die Leute auf der Tanzfläche, Pärchen, die sich
umarmten, Gabi, Max, die Zwillinge, einfach alles. Es dauerte noch eine
ganze Weile, bis ich einschlief.
Ende
Ende???
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